Steinbrücks Schattenminister: Drei für alle Zielgruppen

Ein Gewerkschaftler fürs Soziale, ein Parteisoldat fürs Innere, eine junge Professorin fürs Netz: Steinbrück benennt erste Mitglieder seines Kompetenzteams.

Soll für linke Wähler sorgen: IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Agenda 2010 hielt er für „zynisch“ und bezeichnete sie als „Verstoß gegen die Menschenwürde“. Den verantwortlichen damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder nannte er auf der 1. Mai-Kundgebung im Jahr 2003 einen „asozialen Desperado“. Als einer der Erstunterzeichner unterstützte er damals ein SPD-Mitgliederbegehren gegen das Agenda-Reformpaket. Klaus Wiesehügel, seit 1995 Chef der Gewerkschaft IG Bau, war stets einer der schärfsten Kritik der SPD-Sozialreformen und der politischen Verantwortlichen in der SPD.

Das hält den heutigen Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten Peer Steinbrück nicht davon ab, den mächtigen Arbeitnehmerführer in sein Kompetenzteam zu berufen, wie die SPD am Freitagnachmittag bekannt gab. Wiesehügel ist dabei zuständig für die Bereiche Arbeit und Soziales und kann damit nach einem Wahlsieg mit einem Ministerposten rechnen.

Das Kalkül hinter der Personalie ist offensichtlich. Steinbrück will damit eine Brücke zu den Gewerkschaften und ins linke Lager schlagen. Statt also auf Stimmen aus der Mitte setzt Steinbrück mit dem ersten öffentlich bekannt gewordenen Schattenminister auf ehemalige linke Stammwähler

Klaus Wiesehügel ist gelernter Betonmischer und seit 40 Jahren SPD-Mitglied. Von 1998 bis 2002 saß er für die Sozialdemokraten im Bundestag. Auch in den vergangenen Jahren positionierte er sich deutlich links, forderte etwa ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene. Die Anhebung des Rentenalters auf 67 bezeichnete er 2006 als „Katastrophe“.

SPD-Linke zufrieden

Mit der Personalie beweist Steinbrück, dass es ihm nicht darum geht, sein Schattenkabinett nur mit Politikern und Politikerinnen zu besetzen, die seine politischen Auffassungen teilen. Mit Wiesehügel könnte er an einigen Punkten aneinander geraten. Selbst für die SPD-Linke kam die Nachricht überraschend und wurde entsprechend positiv aufgenommen.

„Klaus Wiesehügel ist ein Garant dafür, dass das, was wir im Regierungsprogramm vereinbart haben, auch entsprechend im Wahlkampf dargestellt wird“, sagte Hilde Mattheis, Vorsitzende des Forums Demokratische Linke 21, der taz. Er sei ein „absolut zuverlässiger Gewerkschaftler, der das Herz auf dem linken Fleck hat“.

Doch mit Klaus Wiesehügel ist es noch nicht getan. Am Freitagnachmittag gab das Team um Steinbrück zwei weitere Personalien bekannt. Die weniger überraschende dabei: Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion wird im Komptenzteam für Innenpolitik zuständig sein und ebenfalls mit einem Ministerposten rechnen können.

Den dritten Namen dagegen hatte wohl kaum jemand auf der Rechnung: Die 39-jährige Designprofessorin und Medienexpertin Gesche Joost soll für das Thema „Vernetzte Gesellschaft“ zuständig sein und wohl jüngere Wählerschichten und die netzaffine Menschen für die SPD begeistern.

Joost ist seit 2006 Beraterin von Steinbrück. „Sie hat sich in diesem Bereich durch ihre bisherige Arbeit einen Namen gemacht“, erklärte Steinbrück. Bei ihr wisse er Themen wie die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität oder die Neuregelung des Urheberrechts in guten Händen.

Seit 2005 leitet Joost beim Forschungs- und Entwicklungslabor der Deutschen Telekom (T-Labs) den Bereich Designforschung. Das Unternehmen war unlängst in die Kritik geraten, weil es plant, den Datenfluss bei Interentzugängen zu drosseln und zugleich die Netzneutralität zu gefährden.

Steinbrück will bis zum Juli sein Komptenzteam schrittweise vorstellen. Ingesamt sollen wohl fünf Männer und fünf Frauen dabei sein. Aussichtsreiche Kandidaten sind Manula Schwesig, Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedeck sowie SPD-Chef Sigmar Gabriel.

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