Steigende Mieten in Berlin: Deutsche Wohnen auf Gewinnkurs
Vor allem erhöhte Mieteinnahmen in Berlin tragen zur guten Bilanz des Unternehmens bei. Der dort geplante Mietendeckel trübt die Aussichten aber.
Im Großraum Berlin stiegen die Mieten bei der Deutschen Wohnen von Juni 2018 bis Juni 2019 um 3,6 Prozent. Die Inflation betrug im selben Zeitraum 1,6 Prozent. Die Durchschnittsmiete liegt in Berlin jetzt bei 6,82 Euro pro Quadratmeter. Dort gehören der Deutschen Wohnen 109.721 Wohnungen und damit ein Großteil ihrer bundesweit 159.000 Wohneinheiten.
Auch in den meisten anderen Gebieten lag der Mietanstieg bei der Deutschen Wohnen über der Inflationsrate: im Rhein-Main-Gebiet bei 3,8 Prozent, in Mannheim/Ludwigshafen bei 2,4 Prozent und in Dresden und Leipzig bei 2,2 Prozent. Nur der Mietanstieg im Rheinland lag exakt im Inflationsdurchschnitt.
Im Mittel lag der Mietanstieg bei der Deutschen Wohnen bundesweit bei 3,3 Prozent, wobei sich die Bestandsmieten nur um 1,4 Prozent erhöhten. Damit entfällt der Großteil des Mietanstiegs auf Neuvermietungen. Die Deutsche Wohnen steht seit Langem in der Kritik, über gezielte Modernisierungen Bestandsmieter aus ihren Wohnungen zu treiben, um sie anschließend deutlich teurer vermieten zu können.
Der Konzern hat nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr 2019 rund 174 Millionen Euro für Instandhaltungen und Sanierungen aufgewendet. Davon entfielen 68,8 Millionen auf Sanierungsprojekte, rund 30 Prozent davon auf umlagefähige Modernisierungsaufwendungen. Rund 63 Millionen Euro gab die Deutsche Wohnen für Sanierungen im Rahmen des Mieterwechsels aus. Wie viel Prozent davon für Maßnahmen aufgewendet wurden, welche die vom anschließenden Neumieter genommene Miete verteuern, ist nicht aufgeschlüsselt.
77.000 Unterschriften gesammelt
Die neuen Zahlen dürften Wasser auf die Mühlen der Kritiker der Deutschen Wohnen sein. In Berlin hatte sich im vergangenen Jahr die Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ gebildet, die alle Unternehmen, die mehr als 3.000 Wohnungen in der Hauptstadt besitzen, enteignen will.
In einer ersten Stufe sammelte die Gruppe 77.000 Unterschriften für ein Volksbegehren, über dessen Rechtmäßigkeit jetzt der Senat entscheidet. In Berlin gehören der Deutschen Wohnen unter anderem die Bestände der früher landeseigenen GSW, die der Senat 2004 verkauft hatte.
In dem Zwischenbericht ist auch die negative Entwicklung des Aktienkurses der Deutschen Wohnen zum Ende des ersten Halbjahrs aufgeführt. „Die negative Aktienkursperformance von ca. 19 Prozent spiegelt die Unsicherheiten im Hinblick auf den angekündigten Berliner Mietendeckel deutlich wider“, heißt es darin. Der Berliner Senat hatte im Juni beschlossen, dass alle Mieten für fünf Jahre eingefroren werden sollen. Das Gesetz muss noch vom Parlament beschlossen werden.
Die Deutsche Wohnen ist aber optimistisch, weiterhin internationale Anleger zu gewinnen. Im ersten Halbjahr nahm der Konzern an Veranstaltungen in New York, London, Mailand, Miami, Paris, Amsterdam und Brüssel teil. In Berlin will der Konzern nun 3.000 Wohnungen verkaufen. „Wir sehen im Markt eine Menge billiges Geld und steigende Nachfrage“, sagte Vorstandschef Michael Zahn.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?