Stasi Humboldt-Uni Berlin will dem Stadtsoziologen Holm nun doch nicht kündigen. Studierende jubeln: Holm kommt zurück
aus Berlin Antje Lang-Lendorff
Der wegen falscher Stasi-Angaben zurückgetretene Berliner Staatssekretär Andrej Holm kann zumindest seinen Job als Stadtsoziologe behalten: Die Präsidentin der Humboldt-Universität Berlin (HU), Sabine Kunst, werde dem Wissenschaftler doch nicht kündigen, teilte die Hochschule am Freitag mit. Holm habe seine Falschangaben zur Stasi-Mitarbeit gegenüber der HU inzwischen bedauert. Das ändere die Lage: „Die Präsidentin sieht das Vertrauensverhältnis zwar gestört, aber nicht mehr vollständig zerstört, und hat deshalb heute entschieden, statt einer Kündigung eine Abmahnung auszusprechen.“
Die Linkspartei hatte den Gentrifizierungskritiker Holm im Dezember zum neuen Staatssekretär für Wohnen der rot-rot-grünen Koalition berufen – eine von der Mieterbewegung bejubelte Entscheidung. Allerdings holte Holm der Umgang mit seiner Vergangenheit ein: Schon sein Vater war Stasi-Offizier gewesen, er selbst verpflichtete sich als Jugendlicher für eine Stasi-Laufbahn. Von September 1989 bis Januar 1990 war er Offiziersschüler. Trotzdem gab er bei seiner Einstellung an der HU 2005 an, nicht für die Stasi tätig gewesen zu sein.
Nachdem Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) Holms Entlassung gefordert hatte, trat der im Januar zurück. Die Humboldt-Uni wollte ihm zudem zunächst wegen der falschen Angaben kündigen – auch, weil Holm kein Bedauern äußere, wie Präsidentin Kunst betonte. Das hat sich aus Sicht der Uni nun geändert.
Holm selbst sagte der taz, er sei mit der Lösung sehr zufrieden. „Ich kehre nach meiner Beurlaubung gern an die Uni zurück.“ Er hält allerdings daran fest, im Fragebogen der Uni 2005 nicht wissentlich etwas Falsches angekreuzt zu haben.
So liest sich auch seine Erklärung gegenüber der Uni. Dort heißt es: „Ich bin mir heute bewusst, dass ich gegenüber der HU objektiv falsche Angaben hinsichtlich meiner Tätigkeit für das MfS (Ministerium für Staatssicherheit) gemacht habe. Ich bedauere das.“ Dass er die Uni absichtlich getäuscht habe, steht dort nicht.
Studierende der Sozialwissenschaften hatten seit der Ankündigung von Holms Entlassung Mitte Januar ihr Institut besetzt. „Unser Protest zeigt Wirkung“, twitterten sie am Freitag. Eine Sprecherin sagte, auf einer Vollversammlung am Samstag werde man über das weitere Vorgehen entscheiden.
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