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Startchancen-Programm in BerlinMit knapp 5.000 Euro pro Schule gegen Bildungsungerechtigkeit

Insgesamt 180 Schulen in Berlin sind in das Milliarden-Förderprogramm aufgenommen. Gelder flossen im ersten Jahr allerdings nur sehr verhalten.

Sollen aktiv gegen Bildungsungerechtigkeit arbeiten: Lehrerin in einer Klasse

BERLIN taz | Bisher kommt kaum Geld an den Schulen an, die in Berlin ins Startchancen-Programm aufgenommen sind. Dies geht aus den Antworten der Bildungsverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hervor. Das von Bund und den Ländern finanzierte Startchancen-Programm soll die Tatsache ausgleichen, dass in Deutschland der Bildungserfolg noch immer stark an die soziale Herkunft gekoppelt ist. In Berlin sind insgesamt 180 Schulen dafür vorgesehen, sie sollen über zehn Jahre mit insgesamt 460 Millionen Euro gefördert werden. Es ist das größte Bildungsprogramm, das die Bundesrepublik je aufgelegt hat.

Zum Programmbeginn vor gut einem Jahr hatte der Schulleiter einer Startchancen-Schule gegenüber der taz gesagt, er rechne mit „mehreren 100.000 Euro pro Jahr“. Doch davon kann bislang nicht die Rede sein. Augenscheinlich hat Berlin bisher erst in einem von drei Förderbereichen Gelder ausgegeben, https://www.bmftr.bund.de/DE/Bildung/Schule/Startchancen-Programm/startchancen-programm_node.htmlnämlich in der zweiten Säule, der Schul- und Unterrichtsentwicklung. Die Bildungsverwaltung setzt hier auf das Leseband als „zentrale Maßnahme“.

Konkret bedeutet das, dass Schü­le­r*in­nen der Klassenstufen 1–4 an den Startchancen-Schulen 15–20 Minuten pro Tag lesen sollen. Im Matheband sollen Schü­le­r*in­nen der Klassen 1 und 2 ab dem kommenden Schuljahr außerdem 15–20 Minuten rechnen. Die Bildungsverwaltung will so die „Basiskompetenzen“ der Schü­le­r*in­nen stärken.

Weniger als 5.000 Euro pro Schule

59 Berliner Schulen haben den Startchancen-Vertrag bereits unterzeichnet. Ein Großteil der Schulen war erst im Juni dieses Jahres im Zuge der zweiten Tranche in das Programm aufgenommen worden. Bei ihnen steht die Unterzeichnung der Verträge noch aus. Diese Schulen haben bisher noch gar keine Förderung bekommen.

Doch auch den 59 Schulen, die bereits seit einem Jahr im Programm sind, stehen bisher sehr verhalten Mittel zur Verfügung. Für das Leseband hat die Verwaltung nach eigenen Angaben im vergangenen Schuljahr rund 173.550 Euro zur Verfügung gestellt. Die Schulen der ersten Tranche haben außerdem rund 107.470 Euro für eigene Maßnahmen bekommen. Das sind insgesamt weniger als 5.000 Euro pro bisher teilnehmender Schule.

Teilt man dagegen das insgesamt für Berlin vorgesehene Geld durch die Anzahl der Berliner Startchancen-Schulen, käme man auf rund 255.550 Euro pro Schule in jedem der zehn Förderjahre. Das käme auch den vom Schulleiter erwarteten „mehreren 100.000 Euro pro Jahr“ näher.

Förderkriterien für Säule I fehlen noch

Geld sollen die Schulen innerhalb von drei Säulen erhalten: Erstens für Investitionen in die „Lernumgebung“, etwa Schulbau, zweitens für Schul- und Unterrichtsentwicklung (unter anderem Lese- und Matheband) und drittens für die Stärkung multiprofessioneller Teams, bei denen Mit­ar­bei­te­r*in­nen aus anderen Berufsfeldern die Leh­re­r*in­nen unterstützen.

In Säule I hat Berlin demnach bisher gar nichts ausgegeben. Hier ist die Verwaltung nach eigenen Angaben noch dabei, Kriterien zu erarbeiten, nach denen die Schulen dann investieren dürfen. Geld soll es frühestens ab dem Haushaltsjahr 2026 geben.

Inwieweit in der dritten Fördersäule Gelder geflossen sind, bleibt in den Antworten auf die Grünen-Anfrage vage. Die 59 Schulen der ersten Tranche hätten die Möglichkeit, „für die Umsetzung der im Schulvertrag vereinbarten Ziele eine zusätzliche pädagogische Profession einzubinden“, heißt es dazu von der Bildungsverwaltung.

Immerhin schreibt die Verwaltung, dass die Gelder nicht verfallen werden. Die Schulen sollen prinzipiell auch Mittel aus einem Haushaltsjahr in das nächste übertragen können. Über die genaue Umsetzung allerdings „entscheide der Haushaltsgesetzgeber“. Über den Entwurf für den Haushalt 2026/27 wird das Abgeordnetenhaus im Herbst beraten.

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