Start zur Sozialwahl: Die Wahl, die keiner kennt
52 Millionen Versicherte können bis Ende Mai ihre Vertreter in den Sozialkassen wählen. Die dürfen einige Grundsatzentscheidungen fällen.
Bis zum 11. Mai werden die Wahlunterlagen noch per Post verschickt – es handelt sich um eine reine Briefwahl. Nach der Bundestags- und der Europawahl ist die Sozialwahl die drittgrößte Wahl in Deutschland. Sie findet alle sechs Jahre statt.
„Das ist Demokratie pur, denn die Entscheidungsträger, die Selbstverwalter, werden weder von der Politik, noch von privaten Investoren bestimmt“, sagt die Bundeswahlbeauftragte für Sozialversicherungswahlen, Rita Pawelski am Dienstag in Berlin. Die ehrenamtlichen Kandidaten werden nicht als Einzelpersonen, sondern über Listen gewählt. Und sie sind nicht ohne Einfluss: In den Vertreterversammlungen haben sie die Macht, Grundsatzentscheidungen bei den Renten- und Krankenversicherungsträgern zu treffen.
„Ein gutes Beispiel ist das Rehabilitationsangebot der Rentenversicherung“, erklärt die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gundula Roßbach. Die Selbstverwaltung könne hier beispielsweise entscheiden, wie eine Klinik ausgestattet oder wer Chefarzt werde. Außerdem beschließen die Versammlungen Haushalte und haben Mitspracherecht beim Leistungsangebot.
Unterlagen landen oft im Mülleimer
Oft wandern die Wahlunterlagen direkt aus dem Briefkasten in die Mülltonne. Das will Christian Zahn, stellvertretender Verbandsvorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen, verhindern. Er ruft dazu auf, das Wahlrecht wahrzunehmen: „Wer über die Zukunft unseres Gesundheitssystems mitbestimmen will, muss sich jetzt auf unserer Website informieren und wählen.“ Online haben Wahlberechtigte die Möglichkeit, sich das Wahlprogramm der jeweiligen Listen durchzulesen oder vorlesen zu lassen.
Zur Wahl stehen – neben den Gewerkschaften – selbst gegründete und selbst finanzierte Vereine, Mitgliedergemeinschaften und Arbeitsnehmervereinigungen, aber keine Sozialverbände. Über die Listen werden 169 Plätze für die Gremien vergeben.
Bei anderen, nicht zur Wahl stehenden Sozialkassen, wie der AOK, werden die Mandate intern, durch Absprachen unter Gewerkschaften und Arbeitgebern, verteilt. „Da schreie ich auf“, sagt die Bundeswahlbeauftragte Pawelski. „Ich fordere mehr Transparenz. Denn Wahlen ohne Wahlhandlung sind sinnlos – auch, wenn sie legal sind.“
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