Start der Fifa-Klubweltmeisterschaft: Ein fauler Kompromiss
Das Testen der Torkamera verhilft der Fußball-Klub-WM in Japan zu mehr Aufmerksamkeit. Das Fifa-Turnier leidet aber an seinen Konstruktionsfehlern.
Wenn am Donnerstag Sanfrecce Hiroshima und Auckland City in Yokohama aufeinandertreffen, ist das höchstrangige Kräftemessen im Vereinsfußball eröffnet. Der japanische Meister Hiroshima nimmt als Gastgeber teil, das neuseeländische Auckland gewann die Champions League des Ozeanienverbands OFC. Außerdem starten die Sieger der Champions-League-Turniere in Afrika, Asien, Nord- und Mittelamerika und Europa sowie der südamerikanischen Copa Libertadores.
Nachdem ursprünglich immer nur Europa und Südamerika den Weltpokalsieger unter sich ermittelten, tragen seit 2000 die besten Klubs aller Erdteile ein Turnier aus: die Fifa-Klubweltmeisterschaft. Trotz des verheißungsvollen Namens konnte dieses Turnier bislang kein sonderlich großes Interesse erregen.
In Europa berichten die Medien nur spärlich, auch weil die Uefa ihre Champions League als das weltweit wichtigste Vereinsturnier vermarktet. Für die Anhänger des aktuellen Siegers FC Chelsea zählt das Abschneiden in Japan nicht besonders viel. Auch die Spieler haben mehrmals geäußert, ihnen sei die Champions League oder die heimische Premier League wichtiger.
Ein Grundproblem des Turniers liegt im Format. Obwohl nur sieben Mannschaften teilnehmen, hat die erste Begegnung zwischen Hiroshima und Auckland bloß den Wert eines Achtelfinals. Der Sieger spielt dann im Viertelfinale gegen das ägyptische Al Ahly aus Kairo. Das zweite Viertelfinale wird zwischen Ulsan Hyundai aus Südkorea und CF Monterrey aus Mexiko ausgetragen. Die beiden Favoriten hingegen, Chelsea London und Corinthians São Paulo, stoßen erst im Halbfinale dazu und werden nur je zwei Spiele machen.
Konkurrenzkampf der Verbände
Diese ungleiche Struktur ist das Ergebnis eines Konkurrenzkampfs zwischen der Uefa und dem Weltverband Fifa, dessen Präsident Sepp Blatter wegen der wachsenden Macht der Fußballvereine ein großes Klubturnier unter seinem Dach kreieren wollte. Europas Vereinsvertreter und deren Verband Uefa klagten dagegen über zu viele gleichzeitige Wettbewerbe und drohten, überhaupt keine Vertreter zu entsenden. Seit 2007 besteht der Kompromiss, dass die jeweilige europäische Mannschaft nur zweimal antreten muss.
Trotz des Systems, das explizit den europäischen und südamerikanischen Klubfußball über den Rest der Welt stellt, hat das Turnier auf anderen Erdteilen einen hohen Stellenwert. Während 2011 insgesamt nur 18,4 Millionen Zuschauer aus Europa über das Fernsehen dabei waren, lag der Wert in Asien sechsmal so hoch. In Südamerika sahen 36,3 Millionen zu, und das, obwohl der brasilianischer Vertreter FC Santos nur zweimal spielte. 23 Millionen Zuschauer davon kamen aus Brasilien. Weltweit sahen 178 Millionen zu, immerhin ein Zuwachs von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
In diesem Jahr dürfte das Turnier aber auch in Europa auf Interesse stoßen, wenn auch aus einem anderen Grund. Erstmals werden die seit über zehn Jahren heftig diskutierten Torkameras eingesetzt. Seit Fehlentscheidungen bei der WM 2010 in Südafrika hatte es wachsende Unterstützung für das im Tennis bereits bewährte Hawk-eye-System gegeben.
Bei der Europameisterschaft 2012 wurde die Debatte erneut entfacht, nachdem der Ukraine ein klares Tor gegen England nicht anerkannt worden war. Wobei sich Uefa-Chef Platini eindeutig gegen die Einführung der neuen Technologie aussprach. Kurze Zeit nach dem Turnier genehmigte indes das Fifa-Regelkomitee Torkameras, einen Chip im Ball und Torrichter. Sollte zwischen Hiroshima und Auckland am Donnerstag ein umstrittenes Tor fallen, dürften dann auch europäische Medien etwas zu berichten haben.
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