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Starke ExportleistungenDeutschland wächst trotz Eurozone

Deutschlands Ausfuhren und Einfuhren erreichen neue Rekordwerte. Die Krise der Eurozone war offensichtlich kein Hindernis. China sei Dank.

Container am Hamburger Hafen. Immer mehr Exporte gehen inzwischen nach Asien. Bild: dpa

HAMBURG taz | Deutschlands Ausfuhren und Einfuhren erreichen wieder neue Rekordwerte. Allein die Warenexporte kletterten im vergangenen Jahr auf rund 1,1 Billionen Euro, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag in Wiesbaden mit.

Damit steht der Export schon für mehr als 40 Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes der Bundesrepublik. Während in der zurückliegenden Dekade die relative Bedeutung des Außenhandels rasant zugenommen hat, verliert die Euroregion nach und nach an Bedeutung für die deutsche Wirtschaft.

Im Jahr 2012 wurden Waren im Wert von 1.097,4 Milliarden Euro ausgeführt und gleichzeitig Waren im Wert von 909,2 Milliarden Euro eingeführt. Wie Destatis anhand vorläufiger Ergebnisse mitteilt, waren die deutschen Ausfuhren damit im vergangenen Jahr um 3,4 Prozent und die Einfuhren um 0,7 Prozent höher als im bisherigen Rekordjahr 2011. Die Außenhandelsbilanz, hierbei wird der Import vom Export abgezogen, schloss zudem mit dem zweithöchsten Überschuss seit 1950 ab: 188,1 Milliarden Euro. 2011 hatte der Saldo lediglich 158,7 Milliarden betragen.

Die Eurozone als Handelspartner verliert an Bedeutung

In Euroländer wurden 2012 lediglich Waren im Wert von 411,9 Milliarden Euro ausgeführt – 2,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit setzt sich ein längerer Trend fort. Immer wichtiger für die Exportwirtschaft werden dagegen Mittel- und Osteuropa sowie China und das übrige Asien.

Die Außenhandelszahlen bestätigen die Kritik von keynesianischen und linken Ökonomen, wie die des „Wirtschaftsweisen“ Peter Bofinger oder Rudolf Hickels von der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Sie beklagen eine zu schwache Binnennachfrage aufgrund der extremen Exportorientierung.

Doch auch der Exportmotor geriet zuletzt ins Stocken. So meldete ebenfalls am Freitag das Verarbeitende Gewebe ein Minus von 0,9 Prozent für den Dezember, saison- und arbeitstäglich bereinigt – nachdem schon im November die Industrieproduktion in Deutschland um 1,0 Prozent gesunken war.

Zwar stieg der Einkaufsmanagerindex des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik im Januar, er liegt aber immer noch unter dem Wert, der Wachstum signalisiert. Alle (Export-)Hoffnungen liegen nun wieder auf China: Die Importe ins Reich der Mitte legten im Januar um satte 28 Prozent zu.

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10 Kommentare

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  • D
    Detlev

    Wer jetzt meint, dass alles super laufe für Deutschland irrt. Dieses Modell produziert immer mehr Armut, auch in Deutschland selber und es führt zu immer neuen Strategien, die Terms of Trade unten zu halten, sprich Hartz V und VI müssten jetzt schon starten, um gegen Indien, China und Brasilien wirksame Schutzmechanismen zu errichten. Gleichzeitig kostet alleine der Erhalt des Euros Milliarden und gleichzeitig verarmen Millionen Menschen in Süd-Europa.

     

    Tatsächlich fehlt Deutschland einen innerwirtschaftliche Dynamik und die könnte in zehn/fünfzehn Jahren Deutschland in eine Abwärtbewegung kippen, die sich dann nicht mehr steuern lässt. Woher soll auch eine innere Wachstumsstärke kommen, wenn die Bevölkerung schrumpft, die Leute weniger ausgeben können?

    Wer sich die wirtschaftspolitische Kompetenz von CDU, CSU, FDP, Grünen und SPD ansieht, der ahnt, dass es wohl so kommen muss. Rebellen oder Umdenker gibt es in diesen Parteien nicht (dafür aber Betrüger-Dr-Titel-Träger).

  • S
    Staatsbürger

    Aufgrund des von Arbeitgebern und Politik installierten Lohndumpings (Agenda 2010) hat der Außenhandel insgesamt an Bedeutung gewonnen. Dafür ist das deutsche Wachstum im europäischen Vergleich sehr gering, sodass Deutschland in den letzten 20 Jahren so manch europäisches Land im BIP - pro Kopf unterholt hat. Desweiteren mögen die Beschäftigten im Niedriglohnsektor diese Jubelmeldungen über den Export sicherlich weniger gerne als Reallohnsteigerungen.

    Da Deutschland schon vor der Agenda 2010 aufgrund eines viel zu schwachen Sozialstaates nicht zukunftsfähig war, ist es das jetzt noch weniger. Dabei wird allerdings noch die Euro-Zone zusätzlich zum dortig verbreiteten Unvermögen mittels Lohndumpings destabilisiert. Da die deutsche Industrie vor allem über die Preise ihren Export stärken konnte, vernachlässigte sie im übrigen die Investitionen. Der Zusammenhang von Reallohnwachstum und Effektiviesierung war übrigens mal unser Standortvorteil. Das peinlich schlechte Wohlfahrtsmodell aber, s.o., hat die dabei notwendige Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt aber nicht bereitstellen können. Fazit: Exportweltmeisterei ist schlecht für Deutschland und Europa. Volksheime (Staatsvolk) nach skandinavischem Vorbild der einzig real existierende Ausweg. Kostenpunkt 200 Mrd. Euro mehr pro Jahr.

    Nachzuschauen bei

    Dr. Cornelia Heintze und

    Dr. Joachim Jahnke Skandinavien (über google).

     

    Kostet nichts und kann die taz auch mal machen. So kann ich Euch als linke Zeitung in diesem Punkt nicht ernst nehmen.

  • M
    Mark

    "Deutschland wächst trotz Eurozone" - genau. Nicht wegen. TROTZ. Trotzdem will man uns Glauben machen, dass wir den Euro unter allen Umständen, auf Gedeih und Verderben, alternativlos, alternativloser, am alternativlosesten brauchen. Ist auch egal, dass die deutschen Reallöhne immer noch nicht (!) wieder das Niveau von 2000 erreicht haben. Ohne Euro wären wie so was von am Ende. Eine absolute Erfolgsgeschichte.

     

    Oder brauchen abgehalfterte Poltiker nur Jobs in Brüssel?

  • M
    Merker

    @Gabriel

    Wenn man auf einem Auge blind ist, kann man ihre Argumente so betrachten, als seien sie schlüssig. Leider ist Volkswirtschaft zu komplex, um aus der schlichtenTatsache, dass der Export Arbeitsplätze generiert zufolgern, das wäre auch so. Allein der Produktivitätszuwachs jährlich, entlarvt ihre Behauptung als Milchmädchenrechnung. Den Export zu drosseln bedeutet auch nicht Rückgang der Wirtschaftsleistung, wenn im Binnenmarkt mehr Kaufkraft generirrt wird, indem man die Löhne, Renten und Sozialtransfers erhöht.

  • JJ
    Jared J. Myers

    Nix China - den Griechen, Spaniern, Portugiesen, Iren und Italienern sowie den deutschen Arbeitnehmern muss die Exportwirtschaft dankbar sein:

     

    - Durch die Gemeinschaftswährung pendelt sich der Wert des Euro auf einem Wert ein, der erheblich niedriger ist als eine hypothetische deutsche Währung, aber erheblich höher als eine hypothetische Drachme oder ein Escudo. Deutschland hilft die relativ billige eigene Währung durch niedrige Wechselkurse beim Exportieren in Länder außerhalb der EU, während die PIIGS-Staaten draußen wegen des für ihre Produktivität zu hohen Wechselkurses kaum etwas exportiert bekommen. Damit bluten diese für die deutschen Exporte.

     

    Obendrein wächst der deutsche Kostenvorsprung beständig an, weil Löhne und Gehälter in der deutschen Exportindustrie zwar wieder leichte jährliche Realzuwächse haben, diese aber nicht mit dem durch technische Maßnahmen und Arbeitsverdichtung erzielten Zuwachs an Produktivität mithalten.

     

    Um in dieser Situation nachhaltig zu wirtschaften, müssten die Exportindustrien die gewaltigen Überschüsse in Europa investieren, um mehr Leute zu beschäftigen und wieder Nachfrage zu kreieren. Dies werden sie aber nicht tun, da die Absatzmärkte in Europa "dank" der Sparmaßnahmen und Lohnkürzungen verdorrt sind und der Kaufkraftmangel bereits auf die Wachstumsraten der Schwellenländer Indien, China und Brasilien durchschlägt. Am Ende wird daran auch die deutsche Exportwirtschaft kaputtgehen, und unsere unendlich weisen Staatenlenker werden uns als "Rezept" Lohnkürzungen verordnen. Das ist die Kaufkraft-Lohn-Abwärtsspirale im globalen Maßstab.

  • B
    bouleazero

    'zu schwache Binnennachfrage aufgrund der extremen Exportorientierung'?

    Die inländische Kaufkraft sollte natürlich gestärkt werden, und zwar am besten dadurch, dass Extremkonsum besteuert wird und mit diesen Mitteln energiesparende und abfallreduzierende Projekte unterstützt werden.

    Die Exporte Deutschlands sind zweifellos sehr hoch, aber dem liegt ein gutes Stück internationaler Arbeitsteilung zugrunde. Zudem ist der friedensstiftende Faktor der Im- und Exporte nicht hoch genug einzuschätzen. Sie schaffen eine erhebliches Mass an internationaler Verflechtung und Zusammenarbeit. Der hohe Überschuss ist eher Grund zur Beunruhigung, weil dies zur weiteren massiven Verschuldung der ärmeren Länder beiträgt.

  • M
    Merker

    Was lügen Sie denn so frech? Die deutschen Exporte von Waren und Gütern sanken im Dezember 2012 um kräftige -6,9% zum Vorjahresmonat, auf nur 78,981 Mrd. Euro, nach 94,039 Mrd. im Vormonat und nach 84,805 Mrd. Euro im Vorjahresmonat (s. Destatis).

  • C
    Cartouche

    Na zum Glück hat der rasante Anstieg der Einnahmen aus dem Export nichts mit dem Niedriglohnsektor und dem flexibilisierten Arbeitsmarkt zu tun. Das hätte man doch sonst mit recherchiert, oder Herr Pfeiffer?

  • P
    popper

    Der Export nach China macht etwa 9% unseres Exports aus. Da sind die 28% in Relation zu setzen. Insoweit sind diese Jubelmeldungen untauglich zu verdecken, dass Deutschland mit seiner Vernachlässigung der Binnennachfrage durch Lohndumping extrem von der Weltkonjunktur abhängig ist. Europa hält 60% des Exports und der Rest der Welt 40%. Die werden aber ihre Währungen abwerten, wenn Deutschland versuchen sollte billiger zu sein.

  • G
    Gabriel

    Mit einem Exportüberschuss schaffe ich mehr Arbeitsplätze und damit wiederum mehr Binnennachfrage.

     

    Z.B. Autoindustrie: Größter Exportmarkt Audis ist China, während Peugeot Leute entlässt.

     

    Soll man Weltmarktanteile aufgeben, indem man die Produktionskosten erhöht (so wie Frankreich mit der 35-Stundenwoche)?

    Ist das nun Bofingers Theorie?

     

    Nicht sehr erhellend der Artikel.