US-Stabschefin Susie Wiles: Überraschungszug der Strategin
Donald Trumps Stabschefin gilt als geschickte Machtpolitikerin. Nun sagt sie Vanity Fair, ihr Vorgesetzter habe „die Persönlichkeit eine Alkoholikers“.
Susie Wiles, Stabschefin von Donald Trump, sonst bekannt als glühende Kämpferin für die Sache des US-Präsidenten, stimmt schmähende Töne gegenüber ihrem Vorgesetzten an. Der habe die „Persönlichkeit eines Alkoholikers“, treffe Entscheidungen „durch lautes Nachdenken“ und ohnehin eher aus dem Bauch heraus, zitierte sie das US-Magazin Vanity Fair in einem zweiteiligen Porträt.
Doch wer ist eigentlich die 68-Jährige mit der steifen Föhnfrisur, und kehrt sie nun wirklich ihrem Boss den Rücken? Wiles, die in Lake City, Florida, geboren wurde, jedoch in Saddle River, New Jersey, aufwuchs, unterstützte nach dem Studium Ronald Reagan bei dessen Präsidentschaftswahlkampf. Als politische Beraterin und Lobbyistin vertrat sie später unter anderem Tabak- und Bergbaukonzerne.
Donald Trump begleitete sie schon früh auf seiner politischen Karriere. 2016 und 2020 leitete sie sein Wahlkampfteam in Florida, 2024 führte sie gemeinsam mit Chris LaCivita die bundesweite Kampagne zum Sieg. Der US-Präsident machte Wiles zur Stabschefin, zur ersten Frau auf dem Posten.
Damit ist sie eine Art Managerin des Weißen Hauses und gleichzeitig Assistentin des Präsidenten. Das mag unspektakulär klingen, verschafft ihr jedoch großen Einfluss. Die geschickte Strategin verfügt mit darüber, was Trump sieht, wen er trifft, mit wem er spricht – und gilt daher für manche als die mächtigste Person im Weißen Haus nach ihm.
Hochrangigen Republikanern zufolge ist sie die Einzige, die den impulsiven Präsidenten in geregelte Bahnen lenken könne. Sie selbst sehe sich eher als „Facilitator“, wolle die Wünsche des Präsidenten erfüllen helfen.
Umso überraschender kommen jetzt die Aussagen gegenüber Vanity Fair. Insgesamt elf Mal sprach Wiles mit dem Reporter Chris Whipple, unter anderem am Telefon, angeblich, während sie ihre Wäsche machte. Darin vergleicht die episkopale Christin, die sich selbst als „catholic light“ sieht, den US-Präsidenten mit ihrem alkoholkranken Vater, dem Footballspieler und Sportmoderator Pat Summerall.
Wie dieser agiere Trump – der selbst angibt, nicht zu trinken –, nämlich so, als gebe es nichts in der Welt, das er falsch machen könne: „Zero, nothing.“ Zwischen Wladimir Putin und ihrem Chef vermutete Wiles zunächst „eine echte Freundschaft“, aber nachdem sie Telefonate zwischen den beiden gehört habe, sei sie sich da nicht mehr sicher.
Vizepräsident J. D. Vance sei „seit einem Jahrzehnt Verschwörungstheoretiker“, Russel Vought, Autor des berüchtigten Project 2025, ein „rechter Fanatiker“, so Wiles. Milliardär Elon Musk schlafe in einem Schlafsack in einem Büro nahe dem Weißen Haus und sei vermutlich auf Drogen, wenn er „komische Sachen“ im Netz poste.
Fraglich ist, was die Stabschefin mit ihren Aussagen bezwecken will. Stimmen im Netz vermuten, sie bereite ihren Rückzug vor – schon zuvor hatte sie in einigen Punkten nicht mit dem Präsidenten übereingestimmt. Andere sagen, Wiles habe sich von Vanity Fair um den Finger wickeln lassen. In einer Stellungnahme vom Mittwoch gab sie an, sich falsch dargestellt zu fühlen, Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, der Artikel sei „ein unredlich präsentiertes Hetzstück“ und Trump der „größte Präsident der Geschichte“.
Wem Wiles' Äußerungen letztlich mehr schaden, ihr selbst oder ihrem Chef, wird sich noch zeigen. Einige sehen Trump derzeit als geschwächt, Umfragen zufolge könnten die Demokraten sich bei den 2026 stattfindenden Midterms durchsetzen.
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