Staatsbedienstete in Frankreich: Streik gegen Macron
Frankreichs Präsident in der Defensive: Streiktag in mehr als 150 Städten. Probleme gibt es bei Bahn, Flugverkehr, Schulen und Verwaltung.
Französische Staatsbedienstete haben am Donnerstag in mehr als 150 Städten für die Verteidigung des Beamtenstatus und der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst demonstriert. Der Bahn- und Flugverkehr war durch die Streiks der Gewerkschaften stark behindert, in zahlreichen Schulen oder Kinderkrippen standen die Eltern mit ihren Kleinen vor verschlossenen Türen, geschlossen waren auch zahlreiche Verwaltungsstellen.
Während ein gleichzeitiger Ausstand der Fluglotsen weitere Flugverspätungen und -ausfälle verursachte, müssen am Freitag sogar wegen eines zweites Streiks für höhere Löhne bei Air France rund ein Drittel der Flüge gestrichen werden.
Einen speziellen Anlass zum Widerstand haben die Eisenbahner. Die Regierung möchte auf dem Verordnungsweg das staatliche Bahnunternehmen SNCF in eine Aktiengesellschaft umwandeln, um so die Öffnung des Schienenverkehrs für die europäische Konkurrenz vorzubereiten. Auch soll – zunächst nur für die Neuangestellten – der bisherige Status der SNCF-Beamten abgeschafft werden. Damit fielen Errungenschaften wie das frühzeitige Rentenalter weg.
Das Unbehagen ist generell, denn seit 2010 stagniert die Kaufkraft der Beamten auf staatlicher und kommunaler Ebene. In Frankreich sind LehrerInnen oder das Pflegepersonal im Gesundheitswesen ohnehin vergleichsweise schlecht bezahlt, jetzt hat sich auch die Hoffnung auf einen Teuerungsausgleich verflüchtigt. Bei Krankheit wurde ein (unbezahlter) Karenztag wieder eingeführt.
Die rund 5,5 Millionen Beamten haben weitere Gründe, sich gegen die Pläne der Regierung zu wehren: Präsident Emmanuel Macron will bis 2022 insgesamt 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen. Der Angriff ist frontal, Beobachter sprechen von einem sozialpolitisch „heißen Frühling“.
Beim Aktionstag geht es um eine Kraftprobe: Wenn es den Gewerkschaften gelingt, die Sparpläne der Regierung zu stoppen oder zu vereiteln, kann Macron den Rest seiner Reformen vergessen. Wenn sich dagegen die Regierung durchsetzt, bricht sie den wahrscheinlich letzten Widerstand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion