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Staatsanwaltschaft Wien ermitteltNationalratspräsident unter Druck

Eine Tonaufnahme setzt Wolfgang Sobotka unter Druck. Die Staatsanwaltschaft prüft die Vorwürfe, er will trotz Kritik im Amt bleiben.

Wolfgang Sobotka, Nationalratspräsident, im Parlament in Wien am 22.11.2023 Foto: Alex Halada/imago

Wien taz | Die Staatsanwaltschaft Wien prüft einen Anfangsverdacht gegen Wolfgang Sobotka. Der amtierende Nationalratspräsident von der ÖVP wird in einem Audiomitschnitt schwer belastet und ist seitdem mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Diesen erteilte er am Donnerstag eine Absage. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entsprächen „in keinster Weise der Wahrheit.“ Justizministerin Alma Zadić (Grüne) kündigte unterdessen eine Untersuchungskommission an.

In der Aufnahme berichtete Christian Pilnacek, früherer Spitzenbeamter im Justizministerium, von heftigen Interventionsversuchen der konservativen ÖVP. Man habe Pilnacek aufgefordert, Einfluss auf laufende Verfahren zu nehmen. In der Aufnahme nennt er Sobotka beim Namen. Dieser sei damit aber bei Pilnacek abgeblitzt, so Christian Pilnacek selbst auf der Aufnahme. Drei Monate später starb er unter bisher noch ungeklärten Umständen.

Seitdem der Mitschnitt bekannt ist, fordert die gesamte parlamentarische Opposition, Sobotka solle zurücktreten. Dabei sei zweitrangig, ob der Vorwurf zutreffe. Selbst vom Juniorpartner der ÖVP-Regierung, den Grünen, heißt es: „Allein der Eindruck, dass das so gewesen sein könnte, ist Gift für eine Demokratie. Die Menschen bekommen den Eindruck, es gäbe eine kleine Gruppe einflussreicher Personen, und die könnten es sich richten.“

Sobotka ist seit 2017 Präsident des Nationalrats. Die Opposition fordert nicht zum ersten Mal Sobotkas Rücktritt. 2020 räumte er im Krawallsender Ö24 öffentlich ein, dass es Geschäfte zwischen Politik und Medien gibt. Außerdem leitete Sobotka jahrelang das umstrittene Alois-Mock-Institut der ÖVP – laut Kritikern eine Umgehungskonstruktion für Parteispenden.

Sobotka antwortet wohl mit: Ja!

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte gegenüber dem STANDARD, dass er die Institutionen der Republik respektiere und niemandem etwas ausrichten wolle. Eine Absetzung von außen wäre freilich gar nicht möglich, Sobotka müsste im Fall des Falls selbst zurücktreten. Klare Worte des Bundespräsidenten, wie er sie im Zuge des Ibizaskandals fand, blieben diesmal aus.

Am Donnerstag reihte sich der grüne Vizekanzler Werner Kogler bei den Kritikern ein. „Ich sehe das wie meine grünen Kollegen, und das im Übrigen schon länger. Es geht um das Ansehen und den Schutz eines ganz wichtigen Amtes dieser Republik.“ Kogler hatte vor zwei Jahren nach Bekanntwerden diverser Skandale entscheidend dazu beigetragen, dass Sebastian Kurz als Kanzler abdanken musste.

Eine ähnliche Königsmacherfunktion käme den Grünen jetzt zu, wenn sie eine Aufkündigung der ohnehin kaum produktiven Regierung in den Raum stellen würden. Die ÖVP hätte viel zu verlieren, laut Umfragen deutlich mehr als die Grünen. Die spielten diesen Trumpf bisher nicht aus. Und so konnte auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gefahrlos Sobotka sein Vertrauen aussprechen.

„Sobotka muss auf Innenschau gehen und sich fragen, ob er sich schuldig gemacht haben könnte – oder nicht“, sagt der frühere Richter, Staatsanwalt und ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler im Gespräch mit der taz. Juristisch sei Sobotkas Amtsverbleib jedenfalls unantastbar, politisch könne man andere Schlussfolgerungen ziehen. Die Frage sei, ob er trotz dieses Gegenwinds sein Amt ausführen könne. Bis jetzt scheint Sobotkas Antwort Ja zu lauten.

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