Staatliche Repressalien bei der COP27: Klimakonferenz unter Beschattung
Die deutsche Botschaft und Aktivist:innen kritisieren massive Einschränkungen durch den ägyptischen Staat. Die Gespräche selbst kommen kaum voran.
Dort treffen sich Vertreter:innen der 195 UN-Staaten, um über Streitfragen beim Klimaschutz zu verhandeln. Der Knackpunkt ist oft das Geld: Wer zahlt für den Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft, die Anpassung an die Folgen der Klimakrise – und die nicht mehr vermeidbaren Schäden? Letzteres steht in Scharm al-Scheich erstmals auf der Tagesordnung einer Weltklimakonferenz.
Nicht nur die Bundesregierung beklagt sich über Einschränkungen auf dem Gipfeltreffen. Klimaschutzgruppen, die als Beobachter offiziell auf dem Gipfel registriert sind, kritisieren etwa die Teilnahme ägyptischen Technikpersonals an internen Meetings. „Von willkürlichen Inhaftierungen über Überwachung bis hin zu weiteren Hürden für Klima- und Menschenrechtsaktivisten – all dies geschieht hier im Kontext der COP“, sagt Christoph Bals, Geschäftsführer der Organisation Germanwatch.
Das Konferenzzentrum liegt zwar innerhalb von Ägypten, gilt aber für die Dauer des Weltklimagipfels als Gelände der Vereinten Nationen. Die bringen ihre eigene Hausordnung und sogar ihre eigene Polizei mit. Dass das Gastgeberland derart in das Geschehen eingreift, ist unüblich.
Verhandlungen kommen kaum voran
Die große Demonstration, die die Klimaschutzgruppen traditionell am Samstag in der Mitte der jährlichen Klimagipfel durch die jeweilige Stadt führen, konnte nicht stattfinden. Nur in ausgewiesenen Zonen gestattet Ägypten Proteste. So zogen sich die Aktivist:innen für die Demo auf das UN-gesicherte Konferenzgelände zurück.
Mehrere hundert Personen nahmen teil, der Dachverband Climate Action Network sprach von „über 1.000“. Das sind im Vergleich zu Vorjahren wenige – auf der COP27 war es dennoch der bislang größte Protest. „Da draußen kann man unsere Stimmen nicht hören, aber hier drinnen können wir dafür sorgen, dass man unsere Stimmen hört“, sagt Tasneem Essop vom Climate Action Network. „Wir erheben uns hier trotz aller Einschränkungen, um unser kollektives Recht auf eine lebenswerte Zukunft einzufordern“, meint Nnimmo Bassey von Demand Climate Justice.
Die Verhandlungen selbst kommen kaum voran. Viele Beschlüsse aus der ersten Gipfelwoche sind rein prozeduraler Art. Das heißt: Man einigt sich darauf, sich noch nicht geeinigt zu haben. Dann gibt es ein Beschlussdokument, die Verhandlungen sind nicht offiziell geplatzt – aber inhaltlich gibt es kaum Fortschritt.
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