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Springes Stadtchef hat die FDP sattParteiaustritt nach Ampel-Desaster

Christian Springfeld ist Bürgermeister im niedersächsischen Springe. Auf das Ende der Ampel-Koalition reagiert er mit dem eigenen Austritt aus der FDP.

Hält nichts von Parteipolitik: Springes Bürgermeister und Ex-FDP-Mitglied Christian Springfeld Foto: Photostudios Blesius Hameln

Hamburg taz | Springes Bürgermeister Christian Springfeld will mit der FDP nichts mehr am Hut haben. Nachdem das Scheitern der Ampel-Koalition im Bund besiegelt war, entschloss er sich, die Partei zu verlassen. Manch einer findet, da habe er sowieso nie hin gepasst – und auch er selbst hat sich nur ungern als FDP-Mann gesehen.

Der 47-Jährige amtiert seit 2016 als Bürgermeister der 23.000-Einwohner-Stadt in Niedersachsen. Überraschend holte er damals den Sieg in der Stichwahl. Er wohnt mit seiner Frau und seinen vier Kindern im Ortsteil Bennigsen. Hannover war ihnen zu voll und zu teuer. Die S-Bahn-Anbindung in Springe fanden sie überzeugend.

Springfelds Parteiaustritt war keine spontane Bauchentscheidung. Seine Enttäuschung über die Kompromisslosigkeit der Ampel-Parteien hatte sich bereits länger angebahnt. Zunächst hatte er die Ampel-Koalition begrüßt und die Mischung aus sozialen, ökologischen und wirtschaftsliberalen Ansätzen mit Euphorie verfolgt. Doch dann folgte die Ernüchterung. Parteipolitik sei eben nur darauf bezogen sich selbst zu vermarkten und sich darüber zu definieren, andere schlecht zu machen, sagt Springfeld.

Sein Unverständnis für Parteipolitik rührt auch von seiner kommunalpolitischen Prägung durch seine Arbeit als Bürgermeister her. Auf kommunaler Ebene spiele die Parteizugehörigkeit nur eine geringe Rolle. Springfeld bezeichnet sich selbst als Pragmatiker: Er will konkrete Lösungen vorantreiben, sein Parteiprogramm scheint ihm da fast egal: „Ich bin da nicht so dogmatisch, wie ich es aus Parteisicht vielleicht sein sollte“, sagt er.

Austritt nach 23 Jahren Mitgliedschaft in der FDP

Nach 23 Jahren Mitgliedschaft in der FDP ist ihm die Entscheidung auszutreten nicht leicht gefallen. Traurig sei er natürlich auch, immerhin könnte man das Verhältnis mit einer langjährigen Beziehung vergleichen. Er habe sich mit seiner Partei aber im Guten getrennt.

Überraschend kommt sein Austritt für viele Menschen in Springe jedoch nicht. Auf der Straße höre er öfter Sätze wie: „Jetzt hast du’s auch endlich mal gemerkt.“

Als FDP-Politiker ist Springfeld schließlich auch vorher schon aufgefallen, denn mit seinen Positionen liegt er kaum auf der klassischen FDP-Linie: Er fordert mehr 30er-Zonen, Zebrastreifen und allgemein weniger Verkehr in der Stadt – wegen der Lärmbelästigung und für die Sicherheit. Klingt viel mehr nach einem grünen Parteiprogramm – und dass sein Herz auch für die Grünen schlägt, streitet er gar nicht ab.

Die Partei hinter sich zu lassen, sieht er auch als Befreiung – denn wahrgenommen wird der Politiker nur ungern als der FDP-Mann. „Ich entspreche wohl nicht dem Stereotyp der FDP“, sagt er.

Was hat er also überhaupt in der FDP gesucht? Vor seiner Zeit als Bürgermeister war Springfeld beim Finanzministerium in Hannover und beim Finanzamt in Oldenburg. Studiert hat er Steuerrecht – bei der FDP hatte er für sich passende Antworten auf steuerpolitische Fragen gefunden.

Springfeld will sich nicht in Schubladen pressen lassen und auch nicht in Parteilagern denken. Deshalb bleibt er nun parteilos, und ein Eintritt bei den Grünen oder einer anderen Partei ist momentan nicht geplant. An seiner Politik werde sich zukünftig dadurch nichts ändern, versichert er: Die FDP habe ihn nie wirklich beeinflusst. Er sehe sich als neutraler Verwalter der Stadt.

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