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Sporturlaub im WinterWegfahren, um Bälle wegzuschlagen

Golfreisen in südliche Fernen sind ökologischer Unfug und bestätigen leider alle Klischees über unseren schönen Sport.

Wo das Green grün gemacht wurde: Golfplatz von Soma Bay, Ägypten Foto: imago/TriAss

W ir müssen noch mal über Golfreisen reden. Die sind für Menschen gemacht, die winterbedingte Pausen ihres geliebten Sports daheim nicht aushalten. Angebote der Reiseveranstalter beballern uns Hobbyschwinger seit jeher. Hierzulande ist vieles vermatscht und kalt, also nix wie weg. Weg heißt wegfliegen. Weit weg.

Die Pakete sind geschnürt von Dezember bis März, verheißen wird „die Kunst des Golfreisens“. Ferne Nahziele wie Portugal und Andalusien sind nur Randplayer. Wenn schon weg, dann weiter weg, Wetter- und Wärmegarantien stehen ganz oben. An der Algarve oder im Diktatorenland Türkei braucht man womöglich lange Hose und Regenschirm. Den hätte ich auch zu Hause aufspannen können müssen.

An handwerksklappernden Superlativen zur Platzanpreisung mangelt es nicht. Meist sind die Bilder so lange photogeshoppt, bis die Augen schmerzen vor grün-blau optimiertem Kitsch. Auch die Werbeprosa macht Aua. Ganz vorne dabei Ägypten: „Ein Himmel für Golfer“ sei etwa Soma Bay nahe Hurghada. Der Himmel ist indes sehr einsam gelegen, von Ägypten bekommt man im Ghetto kaum was mit.

Es geht bei diesen Golfreisen nicht nur um Golf, sondern um Luxushotels und sternenahes Dinieren

Dafür gibt es einen „Wüstenplatz vom Feinsten“. Auf dem „saftig grüne Fairways herrliche Kontraste zu beigen Sandpanoramen und der glitzernden See bilden, während sich im Hintergrund die ganze Pracht des Roten-Meer-Gebirges erhebt“. Zugabe: Der kleine Übungsplatz sei „auch bei Flutlicht spielbar“. Regen? Unbekannt, „evtl. mal 5 Min. alle 3 Monate“.

Das klingt nach Paradies durch massive Ökoverbrechen. Auch nach dem 4,5-Stunden-Flug ist da massiver Ressourcenverbrauch, um aus Wüste den Garten Eden zu machen. Nun gibt es in Soma Bay seit Dezember 2024 Ägyptens größte Meerwasser-Entsalzungsanlage für Trinkwasser und Golfplatzversorgung, zudem vollständig mit Solarenergie betrieben. Klingt vorbildlich, wird aber nicht beworben. Weil es GolferInnen nicht interessiert, ob sie ihren Erdenhimmel schwungvoll zerstören?

Oder ab nach Ägypten?

Südafrika ginge auch. Da gelte es, so ein Reiseveranstalter, „unter Gleichgesinnten“ zu spielen. Himmel, wer mag das sein? Ich fürchte, ich wäre anders gesinnt. Ansonsten gelten die Kanaren schon immer als Winterziel für Golfer. Allerdings sind die Plätze auf Gran Canaria und Teneriffa seit Jahren gnadenlos zu gebucht, Drängelei allerorten, nicht eben schön. Deshalb taucht seit ein paar Jahren „die wunderbar energetische Insel La Gomera“ in den Katalogen auf, mit der wirklich traumhaften Anlage Jardín Tecina mit Panoramablick über den Atlantik und den benachbarten Vulkan Teide auf Teneriffa.

Indes: Die Behauptung „Schon die Anreise ist ein Erlebnis und eine Erholung“ tangiert die Wahrheit nur peripher. Nach der Landung in Teneriffa-Süd geht es per Bus nach Los Cristianos, eine halbe Stunde Fußweg durch rot glühende britannische Touristenmassen zum Fährhafen, dann bis zu drei Stunden Warten, Überfahrt nach Gomera zum Hafen San Sebastián, von dort weiter per zweiter Fähre nach Playa de Santiago im Süden der Insel, nochmal 30 Minuten Walk oder per Bus/Taxi zum Resort. Wer je das Valle Gran Rey besuchte, kennt das Prozedere. Ab Haustür daheim 14 Stunden, manchmal 17. Erlebnis und Erholung?

Zudem: Es geht bei all diesen Golfreisen nicht nur um Golf, sondern die Trips sind immer mit Luxushotels und sternenahem Dinieren verbunden, kurz: „Lifestyle und Golfsport auf höchstem Niveau“. Das verstärkt alle Klischees über Golf als Sport der Schickimickis und gleichgesinnt Bornierten.

Ich wünsche mir Golfreisen zu guten, gerne auch nur teilprächtigen Plätzen mit Pauschalmenüs oder Selbstverpflegung, gern unter Gleichgesinnten, und Unterkunft in Hostels oder Pensionen, Anfahrt per Bahn. Warum macht das niemand? Geht nicht im Winter? Stimmt: Aber ich kann hier fast ein dreiviertel Jahr lang Golfplätze beglückt beschlagen. Da hält man eine Pause doch mal aus, voller Vorfreude auf den energetischen und bald wieder saftig-grünen Erdenhimmel ohne jedes Flutlicht vor der Haustür.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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1 Kommentar

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  • also erstma, Golf ist kein Sport sondern so eine Art betreutes Spazierengehen. Aber wenns den Leuten gefällt ist das ok, solange ich nicht gezwungen werde mitzumachen oder das gut zu finden. Und, Golfreisen in den Süden sind genauso gut oder schlecht wie Strandurlaub im Süden, Erlebnisreisen, Selbstfindungsreisen nach Goa oder sonstwo, Tauchurlaub im Roten Meer usw. Ich reise beruflich sehr viel und mir ist das alles zu stressig. Aber die Zahlen sagen ja eindeutig dass sehr viele Menschen unbedingt ab und an was anderes sehen müssen. Also, jedem Tierchen sein Plaisierchen und alles ohne Schuldgefühle bitte.