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Frauen im SportjournalismusStrafraum Öffentlichkeit

Sportjournalismus ist ein Herren-Club. Sport-Moderatorinnen berichten vom Sexismus, den sie erleben müssen. Aber es gibt auch Solidarität.

Für das ZDF am Mikro: Amelie Stiefvatter Foto: Sven Simon/imago

Berlin taz | Tritt Moderatorin Amelie Stiefvatter im Studio vor die Kamera, sind die Rollen längst verteilt: Sie moderiert, Social Media kommentiert. Erst Hinweise zur Rocklänge, dann fachliche Kritik: „Es gab immer etwas, was ihnen an mir nicht gefallen hat. Wie jede Frau werde ich immer nach meinem Äußeren bewertet. Das bewegt mich heute noch.“ Sexismus äußert sich über die Zuschauer-Reaktionen hinaus, ist keine Seltenheit im beruflichen Werdegang: „Als Frau musst du dich im Sport beweisen. Und dann heißt es noch nicht, dass du akzeptiert wirst. Du versuchst die ganze Zeit zu erklären, warum du eigentlich hier bist. Da wurde man immer noch belächelt. Was wird das kleine, liebe Mädchen jetzt hier machen?“

Frauen sind auf den Screens sichtbarer, doch die Branche bleibt ein Herren-Club. Dem Verband deutscher Sportjournalisten zufolge liegt die Anzahl von Frauen im Sportbereich bei ca. 10,8 %. Stiefvatter, seit drei Jahren beim ZDF on air, erinnert sich an Online-Tage, an denen sie ihre Schwestern um „Lösch-Support“ bat, weil sie „die Nachrichten nicht sehen konnte“. Heute seziert sie Kritik, fragt sich: konstruktiv oder persönlich?

Doch das Grundgefühl bleibt: „Manchen Männern schmeckt nicht, dass du dasitzt“. Ignorieren funktioniert nicht immer. Sehr schmerzhaft sei folgende Kritik: Sie lache zu viel, sei zu fröhlich. Und auch: „Du bist nur wegen deines Geschlechts hier“ Das traf sie, „weil das ja irgendwie impliziert, dass ich keine Ahnung habe.“

Journalistinnen unter Dauerdruck

Sportredakteurin Inga Hofmann vom Tagesspiegel erlebt Ähnliches. „Unter die Videos meiner Kollegen schreibt keiner Barbie“. Vor Drehorten für die Praktikantin gehalten werden oder Feedback wie Folgendes erhalten: „Was ist das für ein Ausschnitt?“ „Total sexualisierend“, findet sie. Auch im Redaktionsalltag besteht Nachholbedarf. „Wenn Männer jahrelang Raum in den Diskussionen eingenommen haben, ist es eine Herausforderung sich den zurückzunehmen“, so Hofmann.

Was macht dieser Dauerdruck mit den Journalistinnen? Er kostet Energie, schafft aber auch Solidarität. Sie vernetzen sich, suchen Verbündete, verteidigen Authentizität. „Ich will keine Sprechpuppe sein“, betont Stiefvatter. Ihr Rat gegen das Foul am Fortschritt? „Es ist ganz wichtig, dass du dir einen Mantel an lieben Menschen um dich sammelst. Solche, die dir Sicherheit geben.

Dass du weißt, so wie du bist, bist du gut. Deswegen bist du da.“ Auch Hofmann sieht es so und fordert weibliche Präsenz z.B. durch Einholung von Expertinnen-Meinungen. Bis geschlechtergerechter Sportjournalismus Realität ist, bleibt jeder weibliche Auftritt ein kleiner Konter im großen Spiel um Gleichberechtigung.

Dieser Text ist im Rahmen eines Workshops der taz Panter Stiftung für Nachwuchsjournalistinnen im Sport entstanden.

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2 Kommentare

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  • Also in den Sportsendungen, die ich sehe (vornehmlich Fußball im ÖRR), sind Frauen sehr präsent: angefangen bei der Samstagabend-Sportschau (BL) über DFB-Pokal bis hin zu Länderspiel-Übertragungen. Und zwar als Moderatorinnen, Kommentatorinnen und Expertinnen. Frauen werden inzwischen als Expertinnen bei Spielen der Männer befragt. Bei der Frauen-EM habe ich bisher keinen männlichen Experten gesehen.



    Also ich kann diese Zahl "10 Prozent" für den geschlechterübergreifenden Fußball-Bereich nicht bestätigen.

  • Fachliche Kritik ist völlig okay, wobei die Männer im Sportjournalismus per se schon das deutlich größere Nervpotential haben: Lobhudelei statt kritische Fragen, klischeehafte Sprache, dauereingefroren im Jargon der 80er Jahre, und gefühlt seit der Kreidezeit die gleichen Gesichter. Aber auch die ewige KMH aus dem ZDF, nun ja, es geht erfrischender. Und Frauen sind natürlich auch nicht per se gut, es gelten da die gleichen Regeln wie bei den Männern: kein Generve, informiert sein, Spaß am Job ausstrahlen hilft.

    Kommentare über das Aussehen gehen aber gar nicht, meine lieben Geschlechtsgenossen aus dem Neanderthal, vermutlich würden Kommentare über unsere Erscheinung (zurecht) kaum weniger hart ausfallen. Immer schön die Steinchen im Glashaus in der Patschehand lassen und nicht durch die Gegend schmeißen.