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Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen der LinkeEin Überlebenswahlkampf

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die Linkspartei zieht mit Janine Wissler und Dietmar Bartsch an der Spitze in die Bundestagswahl. Ihr Ziel ist ambitioniert, die Gefahr einer Pleite groß.

Linkspartei: Janine Wissler und Dietmar Bartsch ziehen in den Bundestagswahlkampf Foto: Thomas Imo/imago

N un hat also auch die Linkspartei ihr Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen­duo für die Bundestagswahl ausgerufen. Die Latte für Janine Wissler und Dietmar Bartsch liegt hoch. Ein zweistelliges Wahlergebnis haben die beiden am Montag als Ziel formuliert. Das ist – freundlich formuliert – ambitioniert. Realistischer erscheint derzeit, dass die Linkspartei kämpfen muss, um überhaupt die Fünfprozenthürde zu überwinden.

Bartsch kennt die missliche Lage, einen Wahlkampf ums parlamentarische Überleben bestreiten zu müssen. Ob er die richtigen Schlüsse aus dem Desaster von 2002 gezogen hat, als er die PDS als Teil eines ideenlosen Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen­quar­tetts in die außerparlamentarische Opposition führte? Zweifel sind angebracht.

Janine Wissler im Wahlkampf an die Spitze zu stellen, ist sicherlich keine schlechte Idee. Die schlagfertige 39-jährige Hessin ist ohne Zweifel eines der größten politischen Talente der Linkspartei. Schade ist, dass die Kraft für einen vollständigen personellen Neuanfang gefehlt hat.

Die Linkspartei braucht ein Zentrum, das integrieren kann. Die Fliehkräfte sind groß. Sie muss im Osten ihre schwindende Stammklientel bei der Stange halten. Das wird, wie schon die Wahl in Sachsen-Anhalt zeigen kann, schwierig. Und sie muss auch in urbanen, jungen Milieus punkten, wenn sie überleben will. Wie die SPD steht auch die Linkspartei bei der Bundestagswahl in der Gefahr, bei dem groß inszenierten Zweikampf der Grünen mit der Union unter die Räder zu kommen – mit gravierenden Folgen.

Dass es so weit kommt, kann sich niemand wünschen, dem die sozialen Verhältnisse in der Bundesrepublik nicht egal sind. Ob Corona- oder Klimakrise: Gerade Arme und sozial Deklassierte sind davon immer härter betroffen als Wohlsituierte. Es ist wichtig, dass sie eine starke Stimme im Parlament haben. Nicht minder fatal wäre es, wenn keine einzige Partei mehr im Bundestag vertreten wäre, für die Krieg nicht die Ultima Ratio, „sondern die Ultima Irratio“ ist, wie es einst Willy Brandt formuliert hat. Dafür braucht es die Linkspartei.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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5 Kommentare

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  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Frau J. Wissler hat heute morgen ein ganz ordentliches Interview beim DLF gegeben.



    www.deutschlandfun...:article_id=497045

  • Außer allgemeinem Beschwerden und Beklagungen hat die Linke nix zu bieten, und das ist das Problem.



    Dass es nicht so dolle läuft in diesem Land haben ja sogar schon ein paar CDU-ler begriffen, Wo also ist das Alleinstellungsmerkmal der Linken, mit einen gesamtgesellschaftlichen Entwurf gar? Allenfalls Parolen höre ich.. und das wahlweise dröge, bissig oder neid-frustriert vorgetragen.

  • Was ich doch immer wieder erstaunlich finde, das ist die Tatsache, dass sich "die Linken" wie Kinder benehmen, die anfangen zu heulen, wenn sie etwas kaputt gemacht haben und von ihren Eltern verlangen, dass es nun wieder in Ordnung gebracht wird und die lieben Kleinen so weitermachen können wie bisher.

    Was aus pädagogischer Sicht in einem gewissen Kindesalter ein normales Verhalten ist, sollte sich spätestens nach der Pubertät ausgewachsen haben. Nicht so bei der Linken. Was diese Partei angerichtet hat, muss konsequenter Weise von diesen Spätpubertierenden selbst ausgebadet werden.

    Was ist das denn für eine Partei, die sich sozialistisch nennt und dem Kapitalismus opfert? Das sind Politiker, die entweder bei anderen Parteien kein Pöstchen mehr abstaubten oder eben Kinder, welche zu Hause gern Randale machen, aber klaglos sich von Mami ihre getragenen Klamotten waschen lassen.

    Die Linke soll im urbanen Milieu punkten? Das tun doch schon längst die Grünen mit ihren Illusionisten der heilen veganen Welt! Sie soll die schwindende ostdeutsche Wählerschaft bei der Stange halten? Wie wäre es denn mit dem Versprechen von blühenden Landschaften? Klatschmohn ist rot und wächst auch auf Industriebrachen.

    Diese Partei hat sich, wie Sarah Wagenknecht völlig richtig analysierte, in einen Kokon aus Couchsozialismus im elterlichen Hause bei Insektenfood und grünem hiphop behaglich eingerichtet. Statt dem röhrenden Hirsch im Wohnzimmer hängt über der Couch ein Regenbogen mit den Farben rot-rot-grün. Das ist die fröhliche Linkenwelt.

    Dass dieses Idyll auch jedem Politiker dieser Partei zugute kommen kann, sollte der Wähler bewirken, denn wenn diese Partei unter die fünf Prozent Stimmenanteil fällt, haben ihre Jungbonzen genügend Zeit.

    Es ist nur wirklich traurig, dass alle die Altvorderen, die durch die Wendejahre hindurch eine Partei gegen Anfeindungen, auch ehemaliger SED-Genossen, die heute bei der CDU sind, aufbauten und in den Bundestag brachten, betrogen werden.

    • @achterhoeker:

      Wenn Sie hier so auf die Linken kloppen, dann schauen wir uns doch mal die anderen Parteien an.



      Und zwar nach ihren Listenplätzen der letzten Bundestagswahl.



      Da wäre erst einmal die beiden Schwerstern die oft als eins gesehen werden.



      Obwohl sie sich ja eigentlich gar nicht mögen. Trennungswünsche gab es schon von beiden Seiten, aber irgendwie traut man sich dann doch nicht.

      CDU:



      Von Merkel nach links gerückt, weil das jahrelang Wählerstimmen versprach. Jetzt hat man Angst ohne Mutti keine Wahlen mehr zu gewinnen und sucht ein neues Profil irgendwo zwischen Laschet, Merz und Maaßen. Ach eine Prise Söder hauen wir auch mal mit rein. Inhalte sehen anders aus.



      CSU:



      (Wäre nach Liste eigentlich noch unter den Grünen, aber Schwestern halt.)



      Der bayerische Landesverband der CDU der sich aus bajuwarischer Überheblichkeit anders nennt und im Bundestag immer so auftritt, als hätte er die Absolute Mehrheit in Deutschland errungen. Dabei wird immer wieder verschwiegen, dass diese Bayernpartei in 15 von 16 Bundesländern gar nicht antritt. Wer öffentlich sagt, dass Bayern für ihn an erster Stelle steht und auch nur von Leuten aus Bayern gewählt werden kann, der hat in einem gesamtdeutschen BUNDESministerium nichts zu suchen. Meine Meinung.

      SPD:



      Theoretisch eine astreine Partei, wenn man will das unser Land sozial gerechter wird.



      Wenn die Sozen nur nicht diese gespaltene Persönlichkeit hätten. Auf der einen Seite ist da die Soziale SPD die Harz 4 furchtbar findet und mehr soziale Gerechtigkeit will, dann die GroKo SPD die fast alles mitträgt was die Union beschließt, es dann aber auch irgendwie doof findet. Besonders vor einer Wahl. „Wählt uns! Wir sind zwar in der Regierung, aber haben nichts mit der zu tun!“

      AfD:



      Muss man da viel sagen? Ja sie benutzen Nazi-Begriffe, verunglimpfen gerne andere was sie als Meinungsfreiheit bezeichnen, werden aber sauer, wenn jemand anderer Meinung ist.



      Was könnte man noch dazu sagen? Vielleicht das diese Partei für Arbeiter genauso schizophrene

    • @achterhoeker:

      "Diese Partei hat sich, wie Sarah Wagenknecht völlig richtig analysierte, in einen Kokon aus Couchsozialismus im elterlichen Hause bei Insektenfood und grünem hiphop behaglich eingerichtet. Statt dem röhrenden Hirsch im Wohnzimmer hängt über der Couch ein Regenbogen mit den Farben rot-rot-grün. Das ist die fröhliche Linkenwelt."

      Das ist so ein schrilles Bild, das würde ich mir direkt über meine urbane Wohnzimmer-Coach hängen.

      Kann es sein, dass Sie sich ein bisschen zu sehr in das Œu­v­re von Wagenknecht vertieft haben?

      Ich bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass die LINKE die letzte sozialdemokratische Partei in Deutschland ist. Meinetwegen auch mit drei verschiedenen Toiletten.