Spitzenkandidat:innen der Linke: Ein Überlebenswahlkampf
Die Linkspartei zieht mit Janine Wissler und Dietmar Bartsch an der Spitze in die Bundestagswahl. Ihr Ziel ist ambitioniert, die Gefahr einer Pleite groß.
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N un hat also auch die Linkspartei ihr Spitzenkandidat:innenduo für die Bundestagswahl ausgerufen. Die Latte für Janine Wissler und Dietmar Bartsch liegt hoch. Ein zweistelliges Wahlergebnis haben die beiden am Montag als Ziel formuliert. Das ist – freundlich formuliert – ambitioniert. Realistischer erscheint derzeit, dass die Linkspartei kämpfen muss, um überhaupt die Fünfprozenthürde zu überwinden.
Bartsch kennt die missliche Lage, einen Wahlkampf ums parlamentarische Überleben bestreiten zu müssen. Ob er die richtigen Schlüsse aus dem Desaster von 2002 gezogen hat, als er die PDS als Teil eines ideenlosen Spitzenkandidat:innenquartetts in die außerparlamentarische Opposition führte? Zweifel sind angebracht.
Janine Wissler im Wahlkampf an die Spitze zu stellen, ist sicherlich keine schlechte Idee. Die schlagfertige 39-jährige Hessin ist ohne Zweifel eines der größten politischen Talente der Linkspartei. Schade ist, dass die Kraft für einen vollständigen personellen Neuanfang gefehlt hat.
Die Linkspartei braucht ein Zentrum, das integrieren kann. Die Fliehkräfte sind groß. Sie muss im Osten ihre schwindende Stammklientel bei der Stange halten. Das wird, wie schon die Wahl in Sachsen-Anhalt zeigen kann, schwierig. Und sie muss auch in urbanen, jungen Milieus punkten, wenn sie überleben will. Wie die SPD steht auch die Linkspartei bei der Bundestagswahl in der Gefahr, bei dem groß inszenierten Zweikampf der Grünen mit der Union unter die Räder zu kommen – mit gravierenden Folgen.
Dass es so weit kommt, kann sich niemand wünschen, dem die sozialen Verhältnisse in der Bundesrepublik nicht egal sind. Ob Corona- oder Klimakrise: Gerade Arme und sozial Deklassierte sind davon immer härter betroffen als Wohlsituierte. Es ist wichtig, dass sie eine starke Stimme im Parlament haben. Nicht minder fatal wäre es, wenn keine einzige Partei mehr im Bundestag vertreten wäre, für die Krieg nicht die Ultima Ratio, „sondern die Ultima Irratio“ ist, wie es einst Willy Brandt formuliert hat. Dafür braucht es die Linkspartei.
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