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Spitzenkandidatin verlässt die ParteiAustritt zum Wachrütteln

Die grüne Spitzenkandidatin für Bremerhaven Sülmez Çolak tritt aus der Partei aus. Sie fühle sich von den Grünen nicht mehr gehört.

Sülmez Çolak wirbt im April als Bürgerschaftsvizepräsidentin für die Wahl Foto: Philip Dulian/dpa

Bremen taz | Mit einem langen Brief an ihren Landesvorstand verkündet Sülmez Çolak den nächsten Personal-Kracher nach der Bremer Bürgerschaftswahl: Die Spitzenkandidatin der Grünen für Bremerhaven tritt aus der Partei aus. Ihr Mandat möchte sie aber „wahrscheinlich annehmen“. Vorher hatte bereits der Landesvorstand aus Alexandra Werwath und Florian Pfeffer verkündet, bei der nächsten regulären Wahl nicht mehr anzutreten. Und Spitzenkandidatin und Umweltsenatorin Maike Schaefer steht seit Montag nicht mehr für einen Senat mit möglicher grüner Beteiligung zur Verfügung.

„Ich möchte die Grünen wachrütteln“, sagt Çolak der taz zu ihrem Austritt. „Ich habe das Gefühl, dass die mir einfach nicht zugehört haben.“ Sie habe sich von der Partei entfremdet. Am Montag habe sie den Landessprecher gefragt, ob auch Bremerhaven in den kommenden Sondierungsgesprächen vertreten sein werde – die Antwort sei Nein gewesen. Ebenso die Reaktion auf Çolaks Forderung, dass Bremerhaven künftig eine stärkere Rolle in der Landespolitik spielen werde. „Mit einer Stadt, die so viele soziale Probleme hat, geht man nicht so um“, sagt die gebürtige Bremerhavenerin.

Die Wahl – vor allem das starke Ergebnis der rechten Bürger in Wut – habe gezeigt, dass die Menschen sich nicht verstanden fühlen. „Man muss die Sorgen ernst nehmen, mit den Leuten ins Gespräch kommen. Es kann nicht sein, dass die Menschen vor der Politik der Grünen Angst haben, weil sie noch mehr Probleme fürchten.“ Die Partei habe sich von den Menschen abgekoppelt, so ihr Vorwurf.

Der Austritt ist Çolak nicht leicht gefallen. „Ich hätte es mir auch einfach machen und dabei bleiben können, aber es ist mir wichtig, dass die Themen gesehen werden.“ Die Landespolitik bestehe eben nicht nur aus stadtbremischen Themen. Egal, wer die nächste Landesregierung stelle: „Ich erwarte, dass man diese Problematiken viel stärker als Schwerpunkt der Landespolitik sieht. Sonst ist man mitverantwortlich dafür, dass Rechte und Enttäuschte viel stärker werden.“

Ein endgültiges Ergebnis der Wahl wird am Donnerstag erwartet. Das Auszählen dauert wegen des komplizierten Bremer Wahlsystems und den vielen Brief­wäh­le­r*in­nen so lange. Derzeit stehen die Grünen im Land Bremen bei 12,4 Prozent, die Bürger in Wut bei 9,4. Im Wahlkreis Bremerhaven kommt die rechte Wählervereinigung sogar auf 22,7 Prozent und liegen als zweitstärkste Kraft vor der CDU.

Çolak sitzt seit 2011 im Bremer Parlament. In der vergangenen Legislaturperiode war die Anwältin Vizepräsidentin der Bürgerschaft, sowie Fraktionssprecherin für Bremerhaven- und Rechtspolitik.

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4 Kommentare

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  • Der Rücktritt könnte über Bremerhaven hinaus bundesweite Bedeutung haben, da er ein Hnweis darauf sein könnte, was bei den Grünen grundsätzlich schief beim Thema Soziales geht. Frau Colak sollte die genauen Gründe und Entwicklung bei den Grünen in einem Interview mit der taz benennen.

  • Hm. Ein wenig mehr Inhalt wäre wünschenswert gewesen. Was sind denn "die Probleme", die "nicht gehört" werden?

    • @tomás zerolo:

      Wahrscheinlich, daß die Grünen real und gefühlt Politik über die Köpfe der Armen hinweg machen und so - wie angedeutet - die Rechten mitbefördern. Und wenn die Grünen schon ihren eher hohen moralischen Ansprüchen nicht mehr genügen, schlachtet das die rechte Skandalpresse gerne aus.



      Auch hier gälte es, den Anfängen zu wehren. Leider korrumpieren sich Teile der Grünen gerade zur Unzeit. Das nehmen die Rechten sehr gerne ...

      • @Zebulon:

        Traurig aber wahr.



        Als ob es diese "Bürger in Wut" erst seit dieser Wahl gäbe. Die sind in BHV schon länger über 20% und nur "dank" AfD vorher nicht im bundesweiten Fokus und Bürgerschaft gewesen.

        Und wenn man dann an den Fall von Miriam Block in der Hamburgischen Bürgerschaft denkt, dann könnte man zum Schluss kommen, dass sich die Grünen gerade "häuten" wieder einmal.