Spieler blamieren gekauften Schiri: Elfmeter für Kopfspiel
Bei einem polnisch-rumänischen Freundschaftsspiel düpieren Fußballprofis einen betrugswilligen Referee – ein Internethit!
Freundschaftsspiele im Fußball gehören zu den Lieblingsveranstaltungen von Wettbetrügern. Sieg oder Niederlage sind verhältnismäßig unwichtig, Spieler können leichter bestochen und die Schiedsrichter selbst ausgewählt werden.
Ein besonders bizarres Beispiel von Eingriffen ins Spielgeschehen war Ende Januar bei einem Freundschaftsspiel zwischen dem polnischen Erstligisten Pogon Szczecin und dem rumänischen Meister Astra Giurgiu zu sehen. Das Video von dem Spiel auf Zypern ist mittlerweile ein Hit im Netz. Denn beim Stande von 0:0, etwa nach einer halben Stunde Spielzeit, pfiff der Schiedsrichter nach einem Kopfball im Strafraum, bei dem keinerlei Regelwidrigkeit zu erkennen war, Strafstoß.
Ungläubige Blicke der Spieler auf dem Rasen. Verblüffte Ausrufe der wenigen Zuschauer. Der rumänische Nationalspieler Cristian Sapunaru schnappt sich den Ball – und schiebt ihn vom Elfmeterpunkt in Zeitlupe in die Arme des polnischen Torwarts. Beifall ertönt, vom Torwart, der die Zeit dazu hat, bevor der den von Sapunara leicht angetippten Ball aufnimmt. Auch die Zuschauer applaudieren.
Sie verstehen, hier wollte einer ein Geschenk nicht annehmen. Gelächter und Gejohle aber ist zu vernehmen, als der Schiedsrichter eine Wiederholung des Strafstoßes anordnet. Jetzt nimmt sich Daniel Niculae den Ball. Er lacht, bevor er anläuft – und befördert den Ball weit rechts am Tor vorbei. Bravo-Rufe von Mannschaftskollegen, von den Rivalen und von den Rängen sind sein Lohn.
Wenige Minuten später pfeift der Schiedsrichter bei einem Laufduell im Strafraum der Rumänen einen Elfmeter. Adam Fraczczak, der gemeinsam mit seinem Gegenspieler zu Boden gegangen war, schiebt nun den Ball ebenfalls deutlich rechts neben das Tor. Auch er wollte von einer offensichtlichen Fehlentscheidung nicht profitieren.
Wettmarkt reagiert irritiert
Interessant verhält sich der Wettmarkt. Einige Anbieter nehmen das Spiel um die 30. Minute nach dem ersten Elfmeterpfiff kurz vom Markt, machen dann aber die Entscheidung rückgängig. Nach einigen ungewöhnlichen Quotenverläufen und mittlerweile vier Toren, die aus dem Spiel heraus erzielt wurden, nehmen aber sowohl europäische Anbieter als auch die großen asiatischen Wettagenturen zwischen der 82. und der 88. Minute die Begegnung endgültig vom Markt.
Spieler beider Vereine waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Ein Sprecher von Pogon Szczecin teilte der taz nur mit: „Wie gepfiffen wurde – das war grotesk und bizarr. Wir kooperieren mit dem rumänischen Fußballverband und haben ihm einen kompletten Bericht geschickt. Wir wollen mit diesem Spiel ansonsten nicht in Verbindung gebracht werden, denn es repräsentiert die schlimmste Seite des Fußballs. Es ist nicht gut für unser Image.“
Wer der betreffende Schiedsrichter war, ist unklar. Die Wettagenturen nennen keinen Namen. Der formal zuständige Weltverband Fifa antwortete auf Nachfrage der taz nicht.
In der rumänischen Presse und im gewöhnlich gut informierten englischsprachigen Blog futbolgrad.com wird spekuliert, dass die Schiedsrichter, die als bulgarische Staatsbürger angegeben wurden, eher rumänische Referees seien, die in den Tagen zuvor auf Zypern und in der Türkei andere Freundschaftsspiele gepfiffen hätten.
Erinnerungen an die legendären Antalya-Spiele werden wach. Im Februar 2011 wurden im türkischen Urlaubsort zwei Freundschaftsspiele mit erstaunlichen sieben Elfmetertoren entschieden. Die Schiedsrichter waren von Matchfixern aus Asien engagiert worden. Drei von ihnen wurden später von ihrem Heimatverband in Ungarn gesperrt.
Wer hinter den aktuellen Vorgängen steckt, ist unklar. Rumänische Medien berichteten von anderen verdächtigen Spielen. Die neu aufgestellte Integrity-Abteilung der Fifa sollte schnellstmöglich die Ermittlungen des rumänischen Verbands begleiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies