Spielabsage in Hannover: „Dann haben die Pisser ja gewonnen“

Die Furcht vor einem Anschlag nimmt die Stadt in Beschlag. Doch trotz Sirenen, Sperrungen und schwer bewaffneter Polizisten bleiben die meisten ruhig.

Menschen bilden in Hannover eine Lichterkette

Auch die Lichterkette, die Menschen in Hannover vor dem Spiel gebildet hatten, wurde am Abend aufgelöst. Foto: imago/epd

HANNOVER taz | Die Bilder bleiben lange im Kopf. Die schrillen Töne der Sirenen auch. Hannover erlebt rund um die Absage des Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und den Niederlanden einen beklemmenden Abend. Ein Stadion, in dem rund 35 000 Menschen einen friedlichen Abend verbringen wollten, muss anderthalb Stunden vor Spielbeginn geräumt werden.

Die wichtigsten U-Bahn-Haltestellen in der Nähe bleiben gesperrt. Ein Teil des Hauptbahnhofs wird am späten Abend ebenfalls von der Polizei abgeriegelt. Die Furcht von einem terroristischen Anschlag nimmt eine ganze Stadt in Beschlag.

Ratlos sehen die Menschen aus, die innerhalb weniger Minuten das Stadion verlassen sollen. Sie sind angespannt und bleiben doch ruhig. Der Ärger über die Absage eines Freundschaftsspiels, das als Signal gegen den Terror dienen sollte und wegen neuer Angst vor weiterem Terror ausfallen muss, hält sich in Grenzen.

„Hier spricht die Polizei. Das Fußballspiel ist abgesagt. Bitte gehen Sie nach Hause.“ Mit Durchsagen wie diesen beginnt am Dienstag gegen 19.15 Uhr ein Abend voller Angst und Verunsicherung. Wer bei der Polizei nachfragt, was denn wohl los sei, erhält zunächst keine Antwort. Erst nach der Evakuierung des Stadions erklärt Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe, dass eine „konkrete Bedrohungslage für Hannover“ vorliege.

Wie verhalten sich Menschen, denen per Megaphon und doch durch die Blume gesagt wird, dass sie in gerade Gefahr sind? Angesichts der Tatsache, dass viele der Stadiongäste und der dort beschäftigten Mitarbeiter ohne ihre Taschen, Jacken und Autoschlüssel auf den Weg nach Hause geschickt werden, bleibt es erstaunlich ruhig.

Es ist ernst

„Dann haben die Pisser ja gewonnen“, sagt einer der Fans, der noch ein wenig ratlos umherirrt. Eben noch hatte sich rund um das Stadion eine Lichterkette gebildet mit Hunderten von Menschen, die vier Tage nach den Terroranschlägen von Paris ein Zeichen setzen wollten. Minuten später spielen die Kerzen und Laternen keine Rolle mehr.

Polizisten mit Maschinengewehren hatten schon den ganzen Tag über das Stadtbild von Hannover geprägt. Immer wieder waren Einsatzfahrzeuge im hohen Tempo durch die Stadt gerast. Als am Abend auch noch ein Sondereinsatzkommando am Stadion vorfährt, um nach Sprengstoff und Verdächtigen zu suchen, wird allen Zuschauern klar – es ist ernst.

Ein gutes Mittel gegen Angst und Verunsicherung sind Gespräche. Viele Menschen, die ohnehin nicht nach Hause können, treffen sich in den Kneipen der Altstadt von Hannover. Etwa auf halber Stecke zwischen Stadion und Hauptbahnhof scheinen sich die Menschen sicher zu fühlen. An den ständigen Krach der Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr, die sich ihren Weg durch die Nacht bahnen, haben sich offenbar alle längst gewöhnt.

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