Spekulationsobjekt Kunst: Picasso im Portfolio
Investoren zocken mit Wald und Diamanten, mit Gemälden und Skulpturen. Auf dem globalen Kunstmarkt hat sich mittlerweile eine Spekulationsblase gebildet.
HAMBURG taz | Sichere Staatsanleihen gibt es nicht mehr, die Zinsen sind auf einen historischen Tiefststand gefallen, und Aktienkurse schwanken wie nie. Schwierige Zeiten also für Banken, Versicherungen und andere institutionelle Investoren. Während die einen auf Geldanlagen wie Infrastruktur und Immobilien setzen, zocken andere wie vor der Krise: Wald, Diamanten und Kunst gelten als bevorzugte Spekulationsobjekte.
Institutionelle Investoren reagieren auf die Euro-Schuldenkrise und die damit einhergehenden Niedrigzinsen mit einer deutlichen Änderung ihrer Anlagestrategien, hat die Fondsgesellschaft Universal-Investment in einer Umfrage unter Experten festgestellt. Pensionskassen, Versorgungswerke, Versicherungen und Kreditinstitute wollten „alternative Investments“ stärker nutzen. Auch Analysten der Deutschen Bank beobachten eine „Rallye bei Risikowerten“ und sprunghaft gestiegene Zuflüsse in riskante Werte.
Beschleunigt wird die neue Risiko-Rallye von dem billigen Geld, mit dem Notenbanken die Finanzakteure überfluten, und dem Niedergang vieler Hedgefonds, deren Renditen trotz hochriskanter Strategien enttäuschten. Zocker suchen daher nach alternativen Goldgruben. So fanden seltene rosa und blaue Diamanten eine nie da gewesene Nachfrage auf der diesjährigen Auktion des australischen Minenmultis Rio Tinto.
Noch weit größere Bedeutung haben Ackerland und Forstwirtschaft. Sie sind für Finanzanleger aus mehreren Gründen attraktiv, schreiben die Autoren von „Strategie 2030 – Sachwerte“, einer gemeinsamen Studie der Berenberg Bank und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI): „Als Sachwerte sind sie beständig und trotzen den Unwägbarkeiten des globalen Finanzsystems.“ Dazu kommt eine üppige Rendite. Im Zeitraum von 1992 bis 2012 von jährlich 10,9 Prozent – damit schnitten Wald- und Agrarinvestments deutlich besser als Hedgefonds, Aktien oder Rohstoffe ab.
120 Millionen für einen Schrei
Um bekannte Werke dreht sich der Kunstfinanzmarkt. „Nimm Picasso in Dein Portfolio“, titelt der TV-Kanal CNN Money. Aktuell bietet der Kunstmarkt sogar etwas, was man bislang von Aktien und Immobilien kannte: eine Spekulationsblase. So wurde „Der Schrei“ des norwegischen Expressionisten Edvard Munch in diesem Sommer zu einem Auktions-Rekordpreis von 120 Millionen Dollar versilbert.
Der Markt ist so vielfältig wie die Kunst: In Galerien und Sammlerbörsen, auf Kunstmessen und Auktionen handeln Künstler, Kunsthändler und Galeristen; es handeln Sammler, Investoren und Banker, Investmentfonds und Hedgefonds. Alles ist käuflich: Skulpturen, Gemälde, Fotografien.
Seit dem Börseneinbruch im März 2000 schlägt der Kunstindex „Tutela Global Art“ den weltgrößten Aktienindex „MSCI World Index“ um Längen. In diesem Jahr werden auf dem globalen Kunstmarkt etwa 50 Milliarden US-Dollar umgesetzt.
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