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Sparpaket in GriechenlandMan gibt sich lernresistent

Das griechische Parlament hat ein neues Sparpaket beschlossen. Es wird wieder einmal nichts bringen, denn die Lösung der Eurokrise liegt woanders.

Von den Plakatwänden winkt das Geld, auf den Konten eher nicht so Foto: dpa

Es funktioniert nicht. Seit sechs Jahren doktert die Eurozone mit dem immer gleichen Rezept in Griechenland herum: sparen, sparen, sparen. Doch ein Aufschwung ist nicht in Sicht, das Land bleibt in der Krise stecken.

Deutschlands Finanzminister Schäuble gibt sich trotzdem unbeirrt und lernresistent. Wenn Sparen bisher nicht geholfen hat – dann muss eben noch mehr gespart werden. Also wurde Griechenland jetzt gezwungen, erneut die Renten zu kürzen und die Steuern zu erhöhen. Das Ergebnis ist absehbar: Die griechische Wirtschaft wird weiter schrumpfen.

Sogar Schäuble gibt mittlerweile indirekt zu, dass sein Sparkurs scheitern wird. Er macht sich nämlich Sorgen, dass die Griechen 2018 ihre Haushaltsziele nicht erreichen könnten, obwohl sie wie verlangt kürzen. Und dann? Ganz einfach: Dann sollen die Griechen noch mehr sparen!

Mit diesem Wahnsinn will der Internationale Währungsfonds (IWF) nichts mehr zu tun haben und setzt Schäuble unter Druck. Ein Teil der griechischen Schulden soll gestrichen werden, sonst zieht sich der IWF aus der Troika zurück. EZB und Eurozone könnten dann allein zusehen, wie sie das Problem Griechenland lösen.

Schäuble ziert sich

Die IWF-Drohung ist ernst zu nehmen, denn der Fonds kann Schäuble erpressen. Der deutsche Finanzminister braucht den IWF als Schutzschild, um die Verantwortung für das griechische Desaster abzuwälzen. Schäuble will keinesfalls allein schuld sein.

Noch ziert sich Schäuble, aber er dürfte dem IWF in den nächsten Wochen entgegenkommen. Zumal ein Schuldenschnitt faktisch nichts kosten würde. Es ist unstrittig, dass Griechenland seine Staatsschulden niemals tilgen kann, die sich derzeit auf etwa 175 Prozent der Wirtschaftsleistung belaufen. Deutschland würde also real kein Geld verlieren, weil dieses Geld sowieso nur als Luftbuchung existiert. Zudem ließe sich ein Schuldenschnitt kosmetisch so gestalten, dass er bilanztechnisch gar nicht auffällt: Statt die Kredite an Griechenland offiziell abzuschreiben, könnten auch die Laufzeiten einfach verlängert und die Zinsen auf tendenziell null gesenkt werden.

Obwohl ein Schuldenschnitt nichts kostet, wäre er nicht umsonst. Er hätte den großen Vorteil, dass endlich der sinnlose Kreisverkehr des Geldes enden würde, der die gesamte Eurozone lahmlegt. Die Brüsseler Verhandlungen an diesem Montag waren dafür typisch: Es ging nur darum, ob die Europäer Griechenland neue Kredite gewähren, damit es alte Kredite bei den Europäern tilgen kann. Sobald dieses Nullsummenspiel aufhört, könnten sich die Finanzminister viele Konferenzen sparen.

Ein Schuldenschnitt wäre also ein Fortschritt, aber er wäre noch nicht die Lösung, obwohl das Thema „Schuldenschnitt“ auch bei den Griechen maximale symbolische Bedeutung genießt. Es würde nämlich nur eine Last aus der Vergangenheit gemildert. Die Schulden sind totes Geld, das längst ausgegeben ist. Doch die Zukunft bleibt ungeklärt und die zentrale Frage unbeantwortet: Wovon sollen die Griechen eigentlich leben? Dem Land fehlt ein Geschäftsmodell. Tourismus und Schifffahrt allein erzeugen nicht genug Einnahmen, um allen Griechen ein auskömmliches Leben zu finanzieren.

Die Eurokrise war und ist mehr als nur eine Schuldenkrise. Sie hat deutlich gemacht, dass die Länder in der Peripherie nicht von selbst aufholen. Man wird sie fördern müssen. So würde es sich für Griechenland anbieten, die erneuerbare Energie auszubauen und die Landwirtschaft zu stärken. Doch diese Debatten finden nicht statt. Die Zukunft wird ignoriert, weil nur die Erblast der Vergangenheit interessiert: die Schulden. Und dies ist die Schuld der Deutschen.

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13 Kommentare

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  • Die wahren Ursachen werden nicht erkannt: Als Griechenland noch nicht im Euro war, haben sie 25% für 10-jährige Staatsanleihen bezahlt. Dann wurde der Beitritt zum Euro beschlossen. Es folgte die Zinskonvergenz, die Angleichung der griechischen Zinsen an deutsches Niveau. Statt 25% nur noch 6% Zinsen. Die Griechen bekamen das deutsche Zinsniveau "geschenkt". Die Griechen haben das Geschenk weidlich ausgenutzt und sich um den Faktor 4 verschuldet. 2009 war die Pleite. Normalerweise müsste Griechenland aus dem Euro austreten und kräftig abwerten. Schulden müssten erlassen werden. Das wird aber aus politischen Gründen verhindert. Italien, Spanien und Frankreich wird es ähnlich ergehen.

  • Das ist eine wunderbar richtiger Satz:

    Schäuble ziert sich

    Die IWF-Drohung ist ernst zu nehmen, denn der Fonds kann Schäuble erpressen. Der deutsche Finanzminister braucht den IWF als Schutzschild, um die Verantwortung für das griechische Desaster abzuwälzen. Schäuble will keinesfalls allein schuld sein.

    In diesem ausgezeichneten Video werden die Beteiligten wie folgt zitiert: https://yanisvaroufakis.eu/2016/05/07/on-the-future-of-capitalism-new-school-new-york/

     

    - Dr.W.Schäuble CDU "Elections can not be allowed to change the economic policies applied to greece"

    - Christine Lagarde, IMF "Yanis of course you are right, this program can't work,

    but you must understand, we have invest so much of our political capital in this program,

    that you must accept it."

    Yanis Varoufakis => "We put it to the Greec people!" It said OXI !

     

    Danke Frau Herrmann "Es funktioniert nicht. Seit sechs Jahren doktert die Eurozone mit dem immer gleichen Rezept in Griechenland herum: sparen, sparen, sparen. Doch ein Aufschwung ist nicht in Sicht, das Land bleibt in der Krise stecken."

    Das kann nicht funktionieren, weil meines Erachtens, die "Christliche Union" 2017 noch einmal die Wahlen gewinnen will. Deshalb lautet die Ausrede: "Es funktioniert nicht!

    Sogar Schäuble gibt mittlerweile indirekt zu, dass sein Sparkurs scheitern wird. Er macht sich nämlich Sorgen, dass die Griechen 2018 ihre Haushaltsziele nicht erreichen könnten, obwohl sie wie verlangt kürzen. Und dann? Ganz einfach: Dann sollen die Griechen noch mehr sparen!" Damit ist alles gesagt.

    Ich freue mich schon auf die Erkenntnis GREAT BRITAINS dieses Jahr.

    • @Peter Meisel:

      Das Problem ist doch, dass die Griechen nicht kooperieren. In Irland, Baltikum, Slowenien, Potugal, Slowakei, Island funktioniert es doch auch. Was hat das mit Schaeuble zu tun? Hat Schäuble irgendwas mit Island zu tun?

  • 3G
    33641 (Profil gelöscht)

    Ja, Griechenland braucht einen Schuldenschnitt. Und was dann? Wird sich Griechenland in nachhaltige Haushaltsdisziplin üben? Kaum anzunehmen.Ideen zur Konjunkturanregung hat keiner. Ganz im Gegenteil! Wir stehen an der postkapitalistischen Wende. In Zukunft heißt es mit sehr sehr wenig Geld auskommen.

    • @33641 (Profil gelöscht):

      Was soll das denn heißen?

       

      Die Reichen dürfen alles behalten und den Armen wird noch mhr genommen?

       

      Nee, so funktioniert die Rechnung nicht!

       

      Wer glaubt, dass ein Volk sich bis zum letzten auspressen lässt, hat die Geschichte noch nie verstanden!

      • @Frei_Denken:

        Das Problem ist eine schrecklich ineffiziente Verwaltung, die das Wachstum behindert. Es benoetigt 7 Jahre, um das Fahrzeug eines griechischen Porsche-Replika-Herstellers in Griechenland zugelassen zu bekommen. In Georgien machen Sie dagegen an einem Tag eine Firma auf.

      • 3G
        33641 (Profil gelöscht)
        @Frei_Denken:

        Und wer glaubt, das den Reichen - die die meisten Lobbyisten in der Regierung haben - etwas genommen wird, ist ein Utopist.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Ich kann nicht nachvollziehen wie die Griechen so doof sein konnten die Troika nicht aus dem Land zu jagen. Klar das ist dann sowas wie demokratisch legitimierte Insolvenzverschleppung aber lieber direkt eine Staatspleite als ein elendig langer Todeskampf ohne Aussicht auf Rettung. Das wäre vermutlich die pragmatischste Lösung gewesen.

     

    Wenn irgendjemand an dieser Krise schuld hat dann sind es die griechischen Politiker der vergangenen Jahrzehnte und dadurch bis zu einem gewissen Grad auch die griechischen Wähler.

    Erst schwindelt man sich in die EU, dann baut man sehenden Auges Schulden auf bis sie einem zum Halse stehen um dann um eine Verallgemeinschaftung zu bitten. Sowas sieht man gerne!

    Genau wie bei den Banken darf man solch ein Verhalten nicht tollerieren. Wer das tut läd zur Wiederholung ein. Es ist schon schlimm genug das es bei den Banken (zum Großteil) geklappt hat, wenn es nun auch noch bei EU-Staaten klappt dann mal prost Mahlzeit.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      -?-"Wenn irgendjemand an dieser Krise schuld hat dann sind es die griechischen Politiker der vergangenen Jahrzehnte."

      ---

      Also nicht irgendwelche Linken sondern sogenannte Konservative. Das nenne ich doch mal eine durchgreifende Erkenntnis.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @H.G.S.:

        Naja das war in Griechenland genau so durchwachsen wie hier. Immer mal wieder wechsel zwischen Konservativen und Sozialdemokraten. Es handelt sich in diesem Fall aber wohl eher um eine Problematik mit der Mentalität als um Politische Strömungen.

         

        Letztlich ist es mir auch egal wer sich ausgedacht hat das z.B. Mütter mit 40 in Rente gehen können, wenn sie 15 Jahre Beiträge gezahlt haben. Sowas ist irrsinnig, sowas würde sich hier selbst die LINKE nicht einfallen lassen.

  • Es liegt an der Hühott-Politik der griechischen Regierung, dass es nicht vorwärts geht. Schauen wir nach Portugal, Irland, Island, Slowenien, Slowakei, Baltikum: Sie hatten dieselbe Probleme wie Griechenland.

    Man vergleiche Argentinien mit Neuseeland. Als Neuseeland neue Märkte finden musste, da GB in die EU ging, ist es entschlossen vorgegangen. Argentinien dümpelt immer noch herum.

  • Die Frage nach der Schuld... ist letztlich immer die Frage danach, wer etwas anders machen muss, weil er es vorher falsch gemacht hat.

     

    Wenn die Deutschen Schuld sind, dann müssen die Ihr "falsches" Verhalten ändern damit alles gut wird.

     

    Ich bin mir sicher, dass diese Sichtweise den Griechen nicht helfen wird wieder auf die Beine zu kommen.

    • @Grisch:

      Die Griechen können wie manche Briten planen, den Grexit durchführen, die Schulden einfach nicht bezahlen, den Staat als insolvent anmelden, die Drachme wieder einführen. Hat Island und Argentinien auch gemacht. Wieso nach Schäubles Pfeiffe tanzen? Die Leute können sie dann in Drachmen bezahlen, die die Staatsbank selber druckt. Der internationale Handel führt sowieso zu Dumpinglohn und Absenkung der Standards, siehe TTIP, also Zölle hoch und im Land selber die Produktion fördern. Der ganze Handel führt zur Verstinkung der Weltmeere und Atmosphäre und zu unsinnigen Megatransporten um den halben Erdball.