Spaniens Staatschef im Nahkampf: Ein König mit Cojones
König Felipe war lange Zeit wenig populär. Nun hat er bei der Flutkatastrophe einen Mut gezeigt, der Spaniens verantwortlichen PolitikerInnen fehlt.
E s sind bereits jetzt, 24 Stunden danach, Bilder für die Geschichte. Spaniens König Felipe VI. stellte sich den wütenden Menschen in Paiporta, einer der am schlimmsten von der Überschwemmungskatastrophe betroffenen Gemeinden in der Mittelmeerregion Valencia. „Mörder“, rief die Menge, unter die sich auch rechtsextreme Jugendliche aus dem Umfeld der Vox-Partei gemischt hatten, als Felipe in Begleitung des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez und des Regionalpräsidenten Carlos Mazón durch den Ort ging. Es flog Schlamm und es flogen Steine.
Auch dann, als die Sicherheitsdienste Sánchez wegbrachten, nachdem dieser einen Schlag mit einer Stange auf den Rücken bekommen hatte und eines der Begleitfahrzeuge zerstört wurde, hielten Felipe und auch seine Frau Letizia dem Unmut stand. Sie trösteten die Katastrophenopfer. Der König sprach von Demokratie, von Hilfskräften und deren Schwierigkeiten, der Größe des betroffenen Gebietes, was zum Eindruck führen konnte, die Armee und die Feuerwehren seien gar nicht vor Ort gewesen, weil sie ein paar Kilometer weiter Zufahrtswege räumten.
Kurzum, er machte das, was vor allem der valencianische Regionalpräsident Mazón hätte tun müssen – und das, obwohl Felipe wiederholt von Schlamm getroffen und einer der Leibwächter von Königin Letizia am Kopf verletzt wurde. „Felipe hat ein Paar cojones“ (Eier), urteilte so mancher vor Ort und im restlichen Land vor dem Fernseher.
Rechts- wie Linksaußen – Vox und Podemos – sowie die linksalternative Regionalpartei Compromis sahen im Königsbesuch „eine Provokation“. Wäre der König nicht angereist, hätten ihm dies sicher die gleichen Kräfte aufs Brot geschmiert. Felipe VI. machte intuitiv alles richtig. Mit seiner Haltung hat sich der spanische König nun den Respekt verschafft, der im bisher fehlte, und das nicht nur unter Monarchie-Anhänger, sondern auch unter Republikanern. Er trat an diesem bemerkenswerten Tag endgültig aus dem Schatten seinen korrupten Vaters Juan Carlos. Felipe VI. ist heute um einiges mehr der Staatschef aller Spanier, als er es vor dem Besuch in Paiporta war.
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