Spaniens Justiz gegen Kataloniens Separatisten: Puigdemont-Anwalt im Visier

Wohnung und Büro des Rechtsvertreters von Carles Puigdemont wurden durchsucht. Anwaltsverbände reichen Beschwerde bei der UN ein.

Gonzalo Boye ist mit einem Polizisten hinter einem Auto stehend zu sehen

Anwalt Gonzalo Boye während der Durchsuchung vor seinem Büro Foto: reuters

MADRID taz | Richterin María Tardón von Spaniens Sondergerichtshof Audiencia Nacional hat am Montagmorgen Wohnung und Büro des Anwalts Gonzalo Boye durchsuchen lassen. Boye ist der Verteidiger des nach Belgien geflüchteten, ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont. Der Ex-Regionalchef ist in Spanien wegen „Aufstand“ in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017 angeklagt.

Die Durchsuchungen kommen genau eine Woche, nachdem die spanische Justiz erneut einen Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont erließ. Am selben Tag waren zuvor neun Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten zu neun bis 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Die Ermittlungen der Audiencia Nacional gegen Boye unterliegen der Geheimhaltung. Doch die Tageszeitung El País veröffentlichte nur kurz nach Beginn der Durchsuchungen Details aus den Ermittlungsunterlagen. Boye wird vorgeworfen, Dokumente gefälscht zu haben, um 889.000 Euro zurückzubekommen, die bei mutmaßlichen Drogenschmugglern beschlagnahmt worden waren. Die Vorwürfe stützen sich laut El País auf die Aussage eines Reumütigen, der von Richterin Tardón freigelassen wurde. Tardón hatte früher mehrere politische Ämter der konservativen Partido Popular inne.

Boye weist die Vorwürfe „als völlig absurd“ zurück. „Sie werden nichts finden. Wir verteidigen Menschen und helfen nicht ihren Angelegenheiten“, schrieb der Anwalt der taz während der Durchsuchung per WhatsApp.

Strafverfahren gegen Boye

„Es geht darum, den Ruf eines unbequemen Anwalts sowie dessen berufliche Existenz zu zerstören“, ist sich der Berliner Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck sicher. „Solches Vorgehen sind wir nur aus der Türkei und Mexiko gewohnt. Dass so etwas in Spanien passiert, ist schockierend.“ Kaleck ist Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR).

Das ECCHR sowie sieben europäische Anwaltsverbände richteten am Montag eine Beschwerde zum Fall Boye beim Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit der Richter und Anwälte bei den Vereinten Nationen ein. In der Beschwerde werden neben der aktuellen Durchsuchung weitere „Angriffe des Königreiches Spanien auf Boye“ aufgeführt.

So hat die Justiz im Zusammenhang mit dem Fall Puigdemont ein Strafverfahren wegen Verfahrensverschleppung gegen Boye eingeleitet, weil er nicht ordnungsgemäß Einspruch gegen eine Entscheidung eingelegt habe. Zudem wird ihm ein Übersetzungsfehler der belgischen Anwälte Puigdemonts als Dokumentenfälschung angelastet.

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