Spanien: Kritik an Zapatero nach Anschlag
In der spanischen Bevölkerung sind Militäreinsätze im Ausland nach wie vor unbeliebt. Das gilt auch für die MIssionen in Afghanistan und im Libanon
MADRID taz Es war der Tag der Trauer, aber nicht der Tag der Einheit. Der Gedenkgottesdienst für die sechs am Sonntag im Libanon bei einem Autobombenanschlag verstorbenen Soldaten der spanischen Armee war noch nicht vorbei, als Regierung und Opposition sich gegenseitig ihre militärische Außenpolitik vorhielten.
Die konservative Partido Popular (PP) kritisierte die Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero scharf. "Die Armee ist keine NGO, die Hauptaufgabe der Regierung ist es, die Sicherheit der Armee zu gewährleisten", erklärte Oppositionsführer Mariano Rajoy. Die 1.100 Soldaten im Libanon bewegten sich in einem Kriegsgebiet. "Es ist absurd, dies zu verschweigen, um sich als pazifistisch hinzustellen", sagte Rajoy weiter. Die PP will am Mittwoch bei der parlamentarischen Kontrollstunde eine Anfrage an Zapatero richten.
Da die Konservativen trotz ihrer Kritik gegen einen Truppenabzug sind, werfen die Sozialisten ihnen fehlendes "Staatsbewusstsein" vor. "Rajoy glaubt, dass er so sein Gewissen reinwaschen kann. Er hat uns in einen Krieg verwickelt. Denn das war tatsächlich ein Krieg, an dem wir nie hätten teilnehmen dürfen", konterte der Sprecher der regierenden Sozialisten, José Blanco. Im Gegensatz zum Irak sei der Libanon-Einsatz eine Friedensmission unter Leitung der UNO. Zu Beginn des Irakkrieges unterstützten die Konservativen die USA mit Truppen, obwohl die große Mehrheit der Bevölkerung dagegen war und Hunderttausende an Friedensdemonstrationen teilnahmen. Als Zapatero 2004 überraschend die Wahlen gewann, zog er die Truppen ab.
Doch auch im Libanon und in Afghanistan, wo Spanien ebenfalls mit 670 Soldaten vertreten ist, steht die Bevölkerung nicht hinter den Militäreinsätzen. Eine jüngste Umfrage zeigt, dass knapp 51 Prozent für den Abzug der spanischen Truppen sind. Zwar sehen 55,4 Prozent diese Einsätze als gerechtfertigt an, glauben aber, dass die UNO eine eigene Armee aufstellen müsse, anstatt Truppen aus den Mitgliedsländern zu schicken.
Die Vereinte Linke (IU), die traditionell pazifistische Positionen bezieht, unterstützt im Falle Nahost die Regierung. "Die spanische Präsenz im Libanon ist notwendig", erklärt der Vorsitzende der Postkommunisten, Gaspar Llamazares. Für ihn handelt es sich eindeutig um eine "Friedensmission". Gleichzeitig fordert er allerdings den sofortigen Abzug aus Afghanistan. Dort herrsche ein offener Krieg mit den Taliban.
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