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Spanien ist Fußball-WeltmeisterDie Rote Furie

In einem teilweise brachialen WM-Endspiel mit vielen Karten und wenigen Chancen gewinnt Spanien. Die Niederlande sind tief enttäuscht über ihre dritte Finalniederlage.

Kaum fassbar: Spaniens Torjäger David Villa (re) und Sergio Ramos mit dem Weltmeisterpokal. Bild: dpa

JOHANNESBURG taz | Spanien ist Fußballweltmeister. Andreas Iniesta, der beste, weil vielleicht einzig wirklich schön spielende Fußballer an diesem Abend, hat den Europameister zum Weltchampion gemacht. 116 Minuten hat es gedauert, bis die Zuschauer im WM-Finale von Soccer City ein Tor zu sehen bekamen. Es war einer der wenigen zauberhaften Momente des Spiels, das eher ein Kampf war. Denn schön konnte Spanien, die "Rote Furie", nicht spielen, weil die Niederlande so hässlich agiert dagegen hielten.

Mit Spanien ist das Team Weltmeister geworden, von dem die meisten meistens schwärmen. Den Sieg gegen die Niederlande haben sich sich erarbeitet. 46 Fouls hat Schiedsrichter Howard Webb im WM-Finale gepfiffen, zwölf Gelbe Karten und einmal Gelb-Rot gezeigt. Es war eine Schlacht, in der sich das Team durchgesetzt hat, das wenigstens versucht hat zu spielen.

Giftig waren sie, die Spieler aus den Niederlanden. Das war zu erwarten. Schon in den Spielen zuvor waren sie nicht gerade zimperlich mit den Gegenspielern umgegangen. Mit wahrlich ungesunder Härte stellten sie ihre Beine den spanischen Angreifern in die Wege. Nicht selten ging ein Raunen durch Soccer City, wenn wieder einmal ein Spanier durch die Lüfte flog. Mark van Bommel, Nigel de Jong und Robin van Persie sahen Gelb in der ersten Hälfte. Sie nahmen es mit einem Achselzucken hin. Es sah so aus, als sei es das Konzept der Niederländer, ihrem Gegner mit gezielten Unsportlichkeiten den Schneid abzukaufen. Das Passspiel der sonst so sicheren Spanier funktionierte nicht. Das gezielte Einflößen von Furcht schien ganz gut zu klappen.

Statistik

Niederlande - Spanien 0:1 n.V. (0:0)

Niederlande: Stekelenburg - van der Wiel, Heitinga, Mathijsen, van Bronckhorst (105. Braafheid) - van Bommel, de Jong (99. van der Vaart) - Robben, Sneijder, Kuyt (71. Elia) - van Persie

Spanien: Casillas - Sergio Ramos, Piqué, Puyol, Capdevila - Busquets, Xabi Alonso (87. Fàbregas) - Iniesta, Xavi, Pedro (60. Navas) - Villa (106. Torres)

Schiedsrichter: Webb (England)

Zuschauer: 84.490

Tor: 0:1 Iniesta (116.)

Gelbe Karten: Mathijsen, Robben, de Jong, van Bommel, van Bronckhorst, van Persie, van der Wiel / Capdevila, Iniesta, Puyol, Sergio Ramos, Xavi

Gelb-Rote Karten: Heitinga (109./wiederholtes Foulspiel) / -

Und noch etwas funktionierte ganz gut im Spiel der Niederlande. Mit einem gepflegten Kick-and-Rush-Stil sorgten die Kicker in Orange dafür, dass die Spanier kaum Gelegenheit bekamen, gezielt, ruhig und flach aus der Abwehr ins Mittelfeld zu passen. Die Kopfbälle nach den vielen hohen Pässen, die in die spanische Hälfte geschlagen wurden, konnten die Niederländer sich regelmäßig erlaufen. Den Spaniern, die so gut begonnen hatten, fiel bis zur Pause nicht viel ein. Und die Niederlande wäre um ein Haar kurz vor dem Halbzeitpfiff durch Arjen Robben in Führung gegangen. Es wäre der Lohn für einen engagierten Kampfauftritt gewesen. Und das erste Mal, nach den zwei verlorenen Finalteilnahmen von 1974 und 1978, den Pokal nach Hause zu holen.

Ja, wollen die denn heute nicht spielen? Zehn Minuten waren in der zweiten Hälfte gespielt, da hatten Giovanni Van Bronckhorst und John Heitinga auch schon die Gelbe Karte gesehen. Ja, wie kommt das denn? Plötzlich taucht Arjen Robben frei vor dem Tor auf. Doch den schönen Steilpass von Wesley Snejder - sie können also doch spielen - bringt Robben nicht am spanischen Keeper Iker Casillas vorbei. Wird's doch noch was mit Fußball an diesem Finalabend? Nicht mal Villa trifft, als er nach einem Fehler von der niederländischen Abwehr im Fünfmeterraum ungestört zum Abschluss kommt. Meckern, Schubsen. Einen Moment lang sah es so aus, als wollten auch die Spanier nicht mehr spielen.

Endlich, endlich, endlich, da lief schon die Verlängerung, schafften es die Spanier, ihre Angreifer freizuspielen. Doch Cesc Fabregas scheiterte am niederländischen Keeper Marten Stekelenburg, Andreas Iniesta an sich selbst und Jesus Navas an einem Abwehrbein. Das Säbeln im Mittelfeld hatte endlich ein Ende. Die Furcht der Spanier schwand. Doch weil sich Howard Webb ans Pfeifen gewöhnt zu haben schien, pfiff er weiter, was das Zeug hielt und zeigte John Heitinga dann auch noch Gelb-Rot. Kurz darauf stand es 1:0. Geschafft. Es war ein wahrhaft harter Abend.

Dann durfte Iker Casillas den Werltmeisterpokal entgegennehmen, den sich vor dem Spiel ein Fan, der auf den Platz gelaufen war, um ein Haar stibitzt hätte. Der Abend hatte aufregend begonnen. Das lebende Nationalsymbol Südafrikas, Nelson Mandela, den Fifa-Präsident Sepp Blatter wahrscheinlich gerne dazu gezwungen hätte, die Trophäe zu überreichen, war da längst wieder zu Hause. Er hatte sich vor Anpfiff in einem Golfwägelchen über den Platz fahren lassen und der Menge zugewinkt. Es war der bewegendste Moment dieses Tages.

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