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Soziale Herkunft von Start-up-GründernDas Kapital reproduziert sich

Grün­de­r*in­nen haben laut einer Bertelsmann-Studie besonders häufig Un­ter­neh­me­r*in­nen als Eltern. Dadurch haben sie entscheidende Vorteile.

Mit vergoldetem Keks geboren gründet es sich leichter Foto: D. Kerlekin/imago

Berlin taz | Verena Bahlsen war schon in jungen Jahren umtriebig. Mit gerade einmal Anfang 20 gründete der Spross aus der bekannten Keks-Dynastie das erste Start-up. Später machte sie auch ein Restaurant auf und nannte es nach ihrem Urgroßvater und Dynastiegründer, Hermann Bahlsen. Damit ist Verena Bahlsen ein bekanntes, aber keinesfalls untypisches Beispiel für eine Start-up-Gründerin.

Denn viele Grün­de­r*in­nen haben Eltern, die selber bereits Un­ter­neh­me­r*in­nen oder Selbstständige sind beziehungsweise waren. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die Bertelsmann-Stiftung und der Start-up-Verband am Dienstag veröffentlichten. Sie befragten dafür 1.800 Grün­de­r*in­nen über ihre soziale Herkunft.

Das Ergebnis: Bei 38 Prozent der Grün­de­r*in­nen war mindestens ein Elternteil selbstständig tätig, bei 24 Prozent beschäftigten die Eltern Angestellte. Zum Vergleich: Insgesamt liegt der Anteil der Un­ter­neh­me­r*in­nen an allen Beschäftigten hierzulande bei vier Prozent.

Auch kommen Grün­de­r*in­nen überproportional häufig aus akademischen Familien. Sechs von zehn haben mindestens einen Elternteil mit akademischem Abschluss. Nur vier Prozent der befragten Grün­de­r*in­nen gaben hingegen an, aus einer Arbeiterfamilie zu stammen.

Eltern sind oft Türöffner

„Ein familiärer unternehmerischer Hintergrund ist ein wichtiger Treiber für Start-up-Unternehmer*innen. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die Hürden für In­no­va­to­r*in­nen ohne diesen Zugang ungleich höher sind“, sagt Julia Scheerer, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann-Stiftung. Denn Eltern geben ihren Kindern nicht nur das „richtige Mindset“ mit. Sie dienen häufig auch als Türöffner. So gaben zwei Drittel der Grün­de­r*in­nen an, die aus Unternehmerfamilien stammten, über ihre Familie viel Kontakt zu anderen Un­ter­neh­me­r*in­nen erhalten zu haben. Bei Gründer*innen, deren Eltern etwa Angestellte oder Beamte sind, waren es nur 14 Prozent.

Dieses bessere Netzwerk macht sich auch bei der Finanzierung des Start-ups bemerkbar. So bekommen Kinder von Un­ter­neh­me­r*in­nen deutlich häufiger Kapital von sogenannten Business Angels, also reichen Einzelpersonen, die neben dem Kapital häufig wichtige Branchenkenntnisse und Kontakte mitbringen.

Auch helfen Un­ter­neh­me­r*in­nen häufiger ihren Kindern bei finanziellen Engpässen aus. Während 14 Prozent der Grün­de­r*in­nen aus Arbeiterfamilien angaben, in einer schwierigen Situation eine Finanzspritze von ihren Eltern bekommen zu haben, bejahten 70 Prozent der Unternehmerkinder diese Frage. Das Kapital reproduziert sich sozusagen selbst. Das ist aber keine Garantie fürs Gelingen.

„Ich bin Kapitalist. Ich will Geld verdienen und mir Segeljachten kaufen von meinen Dividenden und so was“, rief einst auch Verena Bahlsen aus und sorgte damit für viel Furore. Ihr Restaurant Hermann’s musste im April 2020 jedoch schließen. Im Familienkonzern, wo sie zwischenzeitlich als „Chief Mission Officer“ tätig war, konnte sie offenbar auch nicht Fuß fassen. Mittlerweile bezeichnet sich Bahlsen auf der Karriere-Onlineplattform Linkedin unter anderem als „Freelance Brand Strategist“.

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