Sozialdemokraten in Österreich: Kanzler Kerns Klotz am Bein

Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer macht mit dubiosen Beraterjobs Millionen. Das schadet seiner Partei. Im Oktober findet die Parlamentswahl statt.

Porträt SPÖ-Kanzler Christian Kern

Hat laut Umfragen schlechte Aussichten: SPÖ-Kanzler Christian Kern Foto: reuters

WIEN taz | Keine guten Zeiten für Österreichs Kanzlerpartei. Knapp zwei Monate vor den vorgezogenen Nationalratswahlen am 15. Oktober beobachtet man in der SPÖ nicht nur den ungebrochenen Höhenflug des neuen ÖVP-Chefs Sebastian Kurz. Jetzt droht ausgerechnet ein Ex-Kanzler zum Klotz am Bein zu werden.

Die Verhaftung des israelischen Spindoctors Tal Silberstein vergangene Woche hat Kanzler Christian Kern nicht nur um einen versierten Berater gebracht. Sie legte auch offen, wie tief der ehemalige Kanzler Alfred Gusenbauer in undurchsichtige Millionengeschäfte verstrickt ist.

Gusenbauer, der seinem Nachnachfolger den Wundermann aus Tel Aviv als Spezialisten für scheinbar verlorene Wahlkämpfe empfohlen hatte, scheffelt Millionen durch eine weitverzweigte Beratertätigkeit. So steht er seit 2010 im Sold des kanadischen Bergbauunternehmens Gabriel Resources.

Dessen Hauptaktionär ist ein Unternehmen, das dem israelischen Millionär Beny Steinmetz gehört, der mit Silberstein in Haft genommen wurde. Gabriel Resources betreibt derzeit eine Schadenersatzklage über 4,4 Milliarden Euro gegen den rumänischen Staat.

Klage vor Schiedsgericht

Das Pikante dabei ist nicht nur, dass es um den extrem umweltbelastenden Tagebau in einer rumänischen Goldmine geht, sondern dass die Klage vor einem internationalen Schiedsgericht eingebracht wurde. Diese Tribunale, wo meist Staaten gegen private Konzerne den Kürzeren ziehen, wurden von der SPÖ anlässlich der Kritik an den Freihandelsabkommen Ceta und TTIP verteufelt.

Gleich nach seinem Abschied von der Politik verstand es Gusenbauer, seine internationalen Kontakte zu Geld zu machen, und heuerte beim kasachischen Despoten Nursultan Nasarbajew an. Für kolportierte 400.000 Euro jährlich versuchte er das Image des zentralasiatischen Riesenstaates aufzupolieren.

Gusenbauer heuerte auch

bei Kasachstans Despot Nursultan Nasarbajew an

„Ich kann mich nicht nur für die Entwicklung von Ländern, in denen es bereits Demokratie gibt, interessieren“, sagte er vor zwei Jahren dem Wochenmagzin Format. „Wir arbeiten nicht für einen Diktator, sondern für die Regierung, für den Fortschritt dieses Landes.“ Fortschritte seien angesichts des vertieften Partnerschaftsabkommen mit der EU erkennbar.

Gusenbauer ist auch mit dem Immobilienmogul René Benko im Geschäft, der vor drei Jahren die Filetstücke der bankrotten Kaufhauskette Karstadt übernahm. Der Sozialdemokrat soll anlässlich des Deals bei den deutschen Bürgermeistern Schönwetter gemacht haben.

Vorliebe für teuren Wein

Serbien wird von Gusenbauer im Rahmen der Verhandlungen für einen EU-Beitritt beraten, für den niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic macht er Lobbyarbeit in Südamerika und Osteuropa.

Dass die teuren Freuden des Lebens für Sozialdemokraten nicht pfui sind, hatte Gusenbauer schon als Kanzler (2007–2008) demonstriert. Seine Vorliebe für teure Rotweine ist legendär.

Er bekleidet zwar keine direkt politische Funktion mehr, doch als Chef des Karl-Renner-Instituts steht er der Denkfabrik der Partei vor. Christian Kern ging zuletzt vorsichtig auf Distanz: „Das werde ich mit ihm unter vier Augen ausmachen.“ Gusenbauer selbst will sich zu den Vorwürfen der Doppelmoral nicht äußern.

Gegenüber einer Zeitung, die ihm auf dem Handy erreichte, gab er sich kurz angebunden: er müsse sich „mit ganz anderen Aufgaben beschäftigen: „Schauen Sie, vor der Tür wartet schon der Nächste. Ich bin ja, wie Sie merken, ein arbeitender Mensch“.

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