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Sozialausschuss zur HabersaathstraßeKeine Antworten für Mie­te­r:in­nen und ehemalige Obdachlose

Kein Warmwasser, keine Heizung – die Situation im umkämpften Haus ist gravierend. Doch im Bezirk will einfach niemand dem Vermieter Einhalt gebieten.

Die Wohnungen in der Habersaathstraße sind kalt, aber im Bezirk kümmert es niemanden Foto: Sven Kaeuler/dpa

Auf den Besucherplätzen im Saal des Rathauses des Bezirks Mitte haben am Dienstagabend Mie­te­r:in­nen und Un­ter­stüt­ze­r:in­nen der Habersaathstraße Platz genommen. Bei der Sitzung des Sozialausschusses der BVV wollen sie erfahren, wie es für sie in dem umkämpften Haus weitergeht. Die Frustration ist vielen von ihnen anzumerken. Und sie steigt, wann immer sich Sozialstadtrat Carsten Spallek (CDU) wieder in Unwissenheit flüchtet. Das Kopfschütteln im Publikum nimmt gar kein Ende.

Seit inzwischen neun Tagen sitzen die Be­woh­ne­r:in­nen des Gebäudes in der Habersaathstraße 40–48 im Kalten. Die Fernwärme wurde vom Eigentümer Andreas Pichotta, Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft Arcadia Estates, abgestellt, auch warmes Wasser gibt es nicht mehr.

Auf der Tagesordnung ist die Habersaathstraße nicht vorgesehen. In der „Aktuellen Viertelstunde“ kommt das Thema dann allerdings doch auf den Tisch. Doch wer darauf hofft, vom Bezirk endlich zu hören, wie man dem Vermieter Einhalt gebieten könne, wirde enttäuscht.

Spallek bleibt Antworten schuldig, verweist wiederholt darauf, Dinge nicht zu wissen oder auf den eigentlich zuständigen Bauststadtrat Ephraim Gothe (SPD), der aber an der Sitzung nicht teilnimmt. Davon, dass etwa 200 Menschen im Haus von den Schikanen des Eigentümers betroffen sind, will man beim Sozialamt nichts wissen. „Wir haben das mal recherchieren lassen“, sagt Spallek. Lediglich eine Person habe das Sozialamt erfasst. Diese Person wohne im Haus Nummer 41. Zwei weitere Personen seien in der 42 gemeldet, weitere sechs in Hausnummer 40.

Geballte Inkompetenz

Daniel Diekmann, einer der verbliebenen Altmieter der Habersaathstraße und im Mieterbeirat, widerspricht. Zwischen 200 und 220 Menschen lebten in dem großen Plattenbau, der zum Teil von Ak­ti­vis­t:in­nen und Obdachlosen besetzt wurde und auch ein Hotel beinhaltet. Diekmann wehrt sich seit Jahren erfolgreich dagegen, dass das Haus abgerissen wird und an dessen Stelle Luxuswohnungen gebaut werden.

Die Brisanz des Themas sei bisher im Bezirksamt „nicht wirklich angekommen“, kritisiert Martha Kleedörfer von der Linkspartei. Hier zeige sich, „wie das Bezirksamt mit Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, umgeht“. Auf die Frage eines SPD-Bezirksverordneten nach dem aktuellen Stand bei der Wärmeversorgung sagt Spallek, er könne zwar versuchen zu antworten, aber er mache das „ungern“, weil er nicht wisse, „was den aktuellen Tatsachen entspricht“.

Für Menschen mit „rechtsgültigen Mietverträgen“ habe der Eigentümer „punktuell wohl“ eine alternative Wärmeversorgung angeboten, weiß Spallek dann zu berichten. Ob es da jedoch „optimale Abstimmungen“ gegeben habe, könne er nicht beurteilen.

Auch Diekmann wurden entsprechende Radiatoren angeboten. Er selbst habe diese abgelehnt, berichtet er im Gespräch mit der taz. „Wenn ich die annehme, gebe ich mich ja mit der Situation einverstanden, und das will ich nicht.“ Vom Bezirksamt fühlt sich Diekmann „auf den Arm genommen“. Er sagt: „Ich war völlig von den Socken, dass Herr Spallek so rumeiert.“ Von der „geballten Inkompetenz und Unwissenheit“ sei er schockiert.

In der ursprünglichen Fassung dieses Artikels hieß es, wegen des Abstellens von Fernwärme und Warmwasser in der Habersaathstraße sei der Sozialausschuss für das Thema zuständig. Sozialstadtrat Spallek wies uns nun daraufhin, dass dies unrichtig sei – vielmehr liege die Zuständigkeit bei der Wohnungsaufsicht des Bezirksamts, weshalb das Stadtplanungsamt und somit der Ausschuss für Stadtentwicklung zuständig sei.

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