Sonderschule: "Wir sperren behinderte Kinder aus"
Ilja Seifert von der Linken fordert die Bundesregierung auf, Sonderschulen zu schließen.
taz: Herr Seifert, Sie wollen von der Bundesregierung wissen, wann sie endlich die Situation von Kindern mit Behinderungen im Schulsystem verbessert. Aber Sie bekommen keine Antwort. Was ist da los?
Ilja Seifert: Es ist der Regierung peinlich, zuzugeben, dass die Situation von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen in den "Förderschulen" miserabel ist. Insbesondere, wenn Vernor Muñoz im Lande ist.
Was haben die Sonderschulen mit Muñoz, also dem Sonderberichterstatter der UN für das Recht auf Bildung, zu tun?
Herr Muñoz war im vorigen Jahr in Deutschland, und er hat eine überfällige Debatte angestoßen: Warum dieses Land immer noch die Rechte von Kindern mit Beeinträchtigungen missachtet. Er hat das in einem Bericht an die UN moniert. Auch darauf steht eine Replik der Bundesregierung noch aus. Das alles würde wieder aufgewirbelt, wenn die Regierung unsere Fragen beantwortet.
Was wollen Sie wissen?
Ich möchte erfahren, ob die Regierung wirklich der Meinung ist, dass etwa Kinder mit Down-Syndrom in Sonderschulen besser gefördert werden.
Aber Sie wissen doch genau, was die Antwort sein wird.
Natürlich. Das letzte Mal, als ich fragte, hat der Staatssekretär für Bildung, Andreas Storm, geantwortet, dass dem Recht auf Bildung herausragende Bedeutung zukomme. Doch die Realität sieht anders aus.
Wieso?
Weil wir endlich den Mut haben müssen, zu sagen, was die Fachwelt längst weiß. Wir müssen das System der Sonderschulen überwinden. In der Öffentlichkeit weiß kaum jemand, dass unterhalb des dreigliedrigen Schulsystems ein kompliziertes Kellergewölbe existiert, in dem wir behinderte Kinder systematisch aus dem Leben aussperren.
Was sollte man tun?
Es geht nicht nur darum, ein paar zusätzlich Förderlehrer einzustellen. Wir müssen dieses System umbauen. Und wir müssen dabei mit den betroffenen Schülern und Lehrern so behutsam wie möglich umgehen. Wir müssen die Regelschule dazu bringen, dass sie die Fähigkeit jedes einzelnen Kindes wirklich fördern kann - egal ob es hochbegabt oder lernschwach ist.
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