Sonderrechte für Venezuelas Präsident: Maduro möchte Notstand ausrufen
Der Nachfolger von Hugo Chavez will härter gegen Korruption vorgehen. Die Opposition spricht von einer Hexenjagd. Auch Chavez agierte gerne mit Sonderrechten.
CARACAS/BERLIN afp/dpa/taz | Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro will sich vom Parlament Sonderrechte zur Bekämpfung der Korruption übertragen lassen. „Ich als Präsident und Staatschef werde einen nationalen Notstand im Kampf gegen die Korruption ausrufen und Sonderrechte fordern“, sagte Maduro am Montag während einer Veranstaltung mit Jugendlichen in Caracas. Er wolle „um besondere Befugnisse für eine Gesetzesreform bitten."
Es sei nötig, die Verfassung zu ändern, um in Korruptionsprozessen künftig härte Strafen zu verhängen. „Wenn es nötig ist, werden wir alle Gesetze ändern.“ Die Regierung werde „nicht einen Banditen, nicht einen Korrupten“ beschützen, sagte Maduro.
Maduro hatte nach seinem Amtsantritt im April dieses Vorhaben zu seiner Priorität erklärt. Wenn dafür eine Verfassungsänderung oder Gesetzesreformen notwendig seien, würden diese Schritte ergriffen, sagte der sozialistische Staatschef nun.
Die Opposition wirft Maduro vor, mit seiner Anti-Korruptionskampagne eine Hexenjagd zu betreiben, mit der politische Gegner ausgeschaltet werden sollten. Bislang wurden bereits gegen zwei Mitglieder der Partei von Oppositionsführer Henrique Capriles Korruptionsverfahren eingeleitet.
Opposition: Venezuela befindet sich schon längst im Notstand
Auf Twitter kritisierte Oppositionsführer Henrique Capriles die Ankündigung des Präsidenten mit einem Wortspiel: „Wir sind schon lange im Notstand und den müssen alle Venezolaner ausrufen, um uns von Maduro und seiner Bande zu befreien.“
Die Opposition sieht sich einer Welle politischer Repression ausgesetzt. Kürzlich hat der Oberste Gerichtshof den Einspruch der Opposition gegen den Sieg Maduros bei der Wahl am 14. April abgeschmettert. Zudem wurde gegen Capriles eine Geldstrafe von 10.700 Bolivar (rund 1.250 Euro) verhängt, weil er in seiner Klage gegen den Wahlsieg von Nicolás Maduro bei der Präsidentenwahl im April „geringschätzige Begriffe“ und „beleidigenden Inhalt“ benutzt habe.
Maduros verstorbener Vorgänger Hugo Chávez hatte sich nach seinem Amtsantritt 1999 immer wieder durch das Parlament Sonderrechte von unbegrenzter Dauer einräumen lassen. Er nutzte sie, um insgesamt rund 200 Dekrete mit Gesetzeskraft zu erlassen, etwa zur Reform der Armee oder zur Festsetzung von Preisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen