Sommerfest im Literarischen Colloquium: Ein Stück deutscher Geschichte
Der Qualitätsverlag C.H. Beck richtete zum 250-jährigen Verlagsjubiläum das Sommerfest im Literarischen Colloquium in Berlin aus.
Am Berliner Bahnhof Wannsee, jenem Bau im gemäßigt expressionistischen Baustil, einem Baustil, der beinahe nur in Deutschland zu finden ist, also am Bahnhof Wannsee war am Samstag den Reisenden ihr Ziel genau anzusehen.
Die einen trugen Anglernetze und High-Tech-Sandalen, endlich Sommer, die anderen waren auffällig gut gekleidet, meistens schon jenseits der 50 und wollten zur Gründerzeitvilla des Literarischen Colloquiums.
Dort trafen sich wie jedes Jahr Literaturinteressierte, Literaten, Wissenschaftler und Feuilletonisten zum Sommerfest. Heuer hatte der Münchner Traditionsverlag C. H. Beck geladen, der das 250. Jahr seines Bestehens feiert. Ein wenig wie in einer Parallelwelt fühlt man sich auf den Festen im LCB immer, vor allem wenn C. H. Beck lädt, dann kann man leicht glauben, es gebe noch so etwas wie ein einflussreiches intellektuelles Bürgertum.
Humanistische Tradition
C. H. Beck – dahinter verbirgt sich eine Firmengruppe mit Druckerei, Auslieferung und Imprintverlagen mit insgesamt etwa 2.000 Mitarbeitern. C. H. Beck, das ist einerseits der von Hans Dieter Beck geführte juristische Verlag und der von Wolfgang Beck geführte Verlag für Literatur und Sachbuch. Wolfgang Beck nennt ihn einen kulturwissenschaftlichen Verlag, inhaltlich ist er einer humanistischen Tradition verpflichtet. Mit klassischem Bildungswissen erzielt der Verlag immer noch hohe Auflagen, was keine leichte Aufgabe ist.
Mittlerweile ist die siebte Familiengeneration im Verlag tätig, im Sommer wird man eine 1.000-seitige Verlagsgeschichte publizieren, von der man erwarten kann, dass sie ein Stück deutsche Geschichtsschreibung ist. So wies Wolfgang Beck etwa in seiner Begrüßungsrede im LCB auf das Kapitel NS-Zeit mit den Worten hin, in den 20er und 30er Jahren sei im Verlag nicht alles Glanz und Glorie gewesen, das damalige Programm spiegele die seinerzeit „dominierende Zeitgeistströmung“ wieder.
Antidemokratische Philosphen wie Oswald Spengler oder Schriften des Faschisten Benito Mussolini hatte der Verlag im Programm, aber auch Egon Friedell, dessen Bücher von den Nazis verboten wurden. Doch der Verlag profitierte sogar von den Nazis, der damalige Verleger Heinrich Beck war nationalsozialistisch engagiert und hatte den erfolgreichen juristischen Verlag des Berliner Juden Otto Liebmann übernommen. Der Beck Verlag erhielt erst 1949 wieder eine Lizenz von den Alliierten.
Ambitionierte Publikationsprojekte
Mittlere und neuere Geschichte bestimmen das Programm des Verlags. 2012 sorgte ein sehr ambitioniertes Publikationsprojekt für Aufsehen – die hervorragende, auf sechs Bände angelegte „Geschichte der Welt“, die von einem internationalen Stamm von Historikern betreut wird. In Lesungen und Diskussionen konnte man am Samstag schon mal einen Eindruck vom kommenden Herbstprogramm gewinnen.
Der Historiker Fritz Stern und seine Frau Elisabeth Sifton, von denen das Doppelporträt „Keine gewöhnlichen Männer“ über Dietrich Bonhoeffer und Hans von Dohnanyi im Widerstand gegen Hitler erscheinen wird, mussten ihre Teilnahme absagen, stattdessen kam der Sohn Hans von Dohnanyis, der ehemalige Hamburger Erste Bürgermeister Klaus von Dohnanyi, und erzählte von seinem Vater und von Bonhoeffer, die miteinander verschwägert waren.
Er erzählte einige interessante Details aus seinem Elternhaus und auch, dass vom Menschen nichts Gutes zu erwarten sei und der Einzelne nur versuchen könne, ein vernünftiges Leben zu führen. Dem lässt sich natürlich entgegenhalten, dass die menschliche Natur Gegenstand der politischen Kämpfe ist, der Mensch also weder gut noch schlecht.
These von der Arroganz der Alliierten
Seine These von der Arroganz der Alliierten allerdings, auf einer Kapitulation zu bestehen, was dazu führte, dass der Krieg nicht schon früher zu Ende gewesen sei, ist historisch gesehen fragwürdig.
In Anbetracht dessen, dass die Alliierten es mit einem durch und durch nazistischen System zu tun hatten und der deutsche Widerstand, wie Joachim Fest in seinem Staatsstreich-Buch eindrücklich beschrieben hat, nicht nur zersplittert, sondern vor allem auch nicht wirklich entschlossen war, lässt das Verhalten der Engländer mehr als nur plausibel erscheinen, ganz abgesehen davon, dass nach der Bombardierung Londons nichts anderes zu erwarten war.
Dazubleiben und innerhalb des Systems etwas zu verändern, so Dohnanyi, sei die einzige Möglichkeit gewesen, und deshalb sei Bonhoeffer auch aus dem Exil zurückgekehrt. Das allerdings ist vielleicht sehr ehrenwert gewesen, aber da war eventuell ein Sebastian Haffner realistischer, der in England versuchte, die Öffentlichkeit über das NS-Deutschland aufzuklären.
Dessen Biografie wurde auch im C. H. Beck Verlag verlegt, und so könnte man die Beispielreihe noch lange fortsetzen. Auch für die Zukunft, hoffentlich. Für den C. H. Beck Verlag stehen die Chancen dafür ganz gut.
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