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Somalia in Ostafrikanischer GemeinschaftGrößer, aber nicht besser

Somalia ist der East African Community beigetreten. Das Land bringt aber Konflikte mit den bisherigen Mitgliedern in die Organisation.

Der somalische Präsident Hassan Mohamud auf dem Weg zu einem EAC-Treffen in Arusha, Tansania, 15.11.2023 Foto: Nitanga-Tchandrou/Shengolpixs/imago

I m November wurde Somalia als achtes Mitglied in die Ostafrikanische Gemeinschaft (East African Community – EAC) aufgenommen. Präsident Hassan Mohamud verpflichtete sich zu den vier Säulen der EAC-Integration: Zollunion, Binnenmarkt, Währungsunion und politische Föderation. Das Land am Horn von Afrika fügt der EAC eine potenziell blühende Volkswirtschaft hinzu, denn die ausländischen Gläubiger haben ihm gerade 4,5 Milliarden US-Dollar Schulden erlassen, und es sind nur 600 Millionen übrig, die geringste Schuldenlast der ganzen Region.

Die EAC wächst und wächst. Erst ein Jahr ist es her, da gesellte sich die Demokratische Republik Kongo hinzu. Jahre zuvor war der ursprünglich von Kenia, Tansania und Uganda gegründete Staatenbund um Ruanda, Burundi und Südsudan erweitert worden. Mit Kongo hatte die EAC schon 300 Millionen Einwohner. Somalia bringt ihm weitere 20 Millionen sowie die längste Küstenlinie Afrikas: 3.333 Kilometer. Die EAC mit ihren 5,4 Millionen Qua­drat­kilo­metern beherbergt Uran, Mineralien für die grüne Energiewende, Gold und Diamanten, Öl und Erdgas in großen Mengen.

Solche natürlichen Reichtümer könnten, gemeinschaftlich genutzt, das Wachstum fördern. Sie können aber auch Konfusion fördern, wenn ihre Erschließung nicht gut geplant und angeleitet wird. So hat die DR Kongo der EAC seit ihrem Beitritt nur Probleme bereitet. Die ostafrikanischen Länder schickten eine multinationale Eingreiftruppe zur Stabilisierung in den Osten Kongos, wo über 100 bewaffnete Gruppen operieren, aber Kongos Regierung in Kinshasa hat die Truppe wieder weggeschickt. Derweil hat sie noch nicht einmal ihre EAC-Mitgliedsbeiträge gezahlt.

Kurz vor Kongos chaotischen Wahlen verkündete Präsident Félix Tshisekedi überdies, er werde sein Parlament um eine Kriegserklärung gegen den EAC-Nachbarn Ruanda bitten, den er der Unterstützung der stärksten kongolesischen Rebellengruppe M23 bezichtigt. Er setzte gar den ruandischen Präsidenten Paul Kagame mit Adolf Hitler gleich und prophezeite ihm dessen Schicksal.

Natürliche Reichtümer können Wachstum fördern, aber auch Konfusion

Die integrative Politik der EAC ist somit weitgehend wirkungslos geblieben. Auch der Handel zwischen ihren Mitgliedern bleibt von nationalen Hürden gehemmt, die vielfach versprochene gemeinsame Luftfahrtbehörde eine Luftnummer; die Flugpreise in der Region sind damit weiter sehr hoch.

Die EAC kann nicht einmal ihre Mitgliedsbeiträge eintreiben. Nicht nur die DR Kongo zahlt nicht. Südsudan zahlte im November 30 Mil­lio­nen US-Dollar, die Hälfte seiner Schulden – aber nur, damit Präsident Salva Kiir turnusmäßig den EAC-Vorsitz übernehmen konnte. EAC-Generalsekretär Libérat Mfumukeko, der 2021 abtrat, wurde innerhalb der Organisation immer wieder verhöhnt, weil man seinem Land Burundi vorwarf, sich vor den Zahlungen zu drücken. All diese drei Länder sind politisch instabil. Die stabilen EAC-Mitglieder Kenia, Tansania und Uganda führen derweil ständig Handelskriege gegeneinander.

Theoretisch ist Somalias Beitritt für die EAC eine gute Sache. Aber das Land steht im Dauerkonflikt mit Kenia: Drei Millionen der 50 Millionen Kenianer sind ethnische Somalis. Sie machen einen überproportionalen Anteil der ökonomischen Elite des Landes aus. Manche Kenianer maulen, dass mit Profiten aus der somalischen Piraterie Luxusimmobilien in Nairobi gekauft werden. Kenias Eingreiftruppe in Somalia wurde ihrerseits immer wieder der Plünderei bezichtigt.

Idealerweise sollte die EAC helfen, solche Konflikte zu überwinden. Tatsächlich wird sie mit jedem neuen Mitglied ineffektiver. Ihr Traum von Einheit dürfte ein Traum bleiben.

Aus dem Englischen von Dominic Johnson

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