Solarpflicht auf öffentlichen Dächern: Hamburg macht Ernst
Hamburgs SPD und Grüne beschließen die Novelle des Klimaschutzgesetzes. Für Überraschung sorgte ein Zusatzantrag zur Solaranlagen-Pflicht.
Dem Zusatzantrag zufolge soll bereits ab dem 1. Januar des kommenden Jahres der Bau von Solaranlagen auf städtischen Gebäuden und bei Dachsanierungen verpflichtend werden. „Auf allen öffentlichen Dächern – egal ob neu oder alt – sollen künftig Solarmodule günstigen, grünen Solarstrom produzieren“, sagt Dominik Lorenzen, Co-Fraktionschef der Grünen.
Neben der Solarpflicht für den öffentlichen Gebäudebestand umfasst der Zusatzantrag noch weitere Forderungen, darunter die Beschaffung CO2-neutraler Fahrzeuge für den öffentlichen Fuhrpark, regulatorische Anpassungen an das Gebäudeenergiegesetz des Bundes – und eine Klima-Roadshow als Kommunikationsmöglichkeit.
Mit dem Zusatzantrag reagiert Rot-Grün darauf, dass Hamburg Schlusslicht in einem bundesweiten Vergleich ist: Erhebungen der Bundesnetzagentur hatten gezeigt, dass kein anderes Bundesland sich beim Ausbau der erneuerbaren Energien so schwertut wie Hamburg.
Solaranlagen auf nur drei Prozent der Dächer
Vor allem der Solarausbau auf öffentlichen Gebäuden kam in Hamburg in den vergangenen Jahren nur schleppend voran, wie erst vor wenigen Wochen aus einer Anfrage der CDU-Fraktion an den Senat hervorging. Bis Ende 2022 waren demnach gerade einmal 31 von 1.142 Gebäuden mit Solaranlagen bebaut, das entspricht knapp drei Prozent der städtischen Gebäudedächer.
Im gesamten Jahr 2022 sei keine einzige Solaranlage auf einem öffentlichen Gebäude installiert worden, räumte der Senat ein. Dem Antrag zufolge werden „sämtliche Behörden verpflichtet, den Bau von Photovoltaikanlagen voranzutreiben“. Bis 2026 will der Senat einen Bericht vorgelegt haben, auf welchen Dächern dieses Ziel umsetzbar ist – und wo das technisch nicht möglich sein wird.
Nicht nur durch den Zusatzantrag, auch durch die Novelle des nun verabschiedeten Klimaschutzgesetzes soll der Ausbau der Solarenergie in Hamburg beschleunigt werden. Rund 2,5 Millionen Euro werde man für Photovoltaik-Projekte etwa auf Schuldächern und der städtischen Sprinkenhof GmbH bereitstellen, ergänzte der klimapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Alexander Mohrenberg.
Zudem werde man die vielen privaten und öffentlichen Photovoltaik-Projekte in einer gemeinsamen Solarstrategie bündeln. Auf diese Weise könne man Verzögerungen, die bislang wegen mangelnder Fachkräfte, rechtlicher Unsicherheiten und Lieferengpässen aufgetreten waren, vermeiden.
Anhaltende Kritik am Klimaschutzgesetz
Mit dem beschlossenen Klimaschutzgesetz verpflichtet sich die Stadt, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 70 Prozent gegenüber 1990 zu verringern und bis 2045 klimaneutral zu werden.
Weniger am Zusatzantrag, vor allem aber am Klimaschutzgesetz kommt Kritik von der CDU-Fraktion: Das Gesetz würde für die Bevölkerung ohnehin schon hohe Sanierungskosten nach sich ziehen, so der energiepolitische Sprecher Stephan Gamm im Hinblick auf die Solaranlagenpflicht auf Privatdächern.
Zudem verlange der Senat mit der Solarpflicht von den Unternehmen Ziele, die die Stadt mit ihren Bestandsgebäuden selbst verfehle. Während der Solarausbau auf öffentlichen Gebäuden bislang nicht gesetzlich geregelt war, müssen auf privaten Neubauten bereits seit diesem Jahr auf mindestens 30 Prozent der Dachflächen Solaranlagen installiert werden.
Auch kritisiert Gamm, dass über die Novelle zu spät abgestimmt wurde: „Ein Gesetz fünfeinhalb Wochen vor Inkrafttreten zu beschließen, ist politisch verantwortungslos.“ Die CDU fordert deshalb eine Übergangsfrist bis Juli 2024, ehe die im Gesetz angekündigten Maßnahmen wirksam werden.
Aber auch aus Sicht von Umweltgruppen gibt es Kritik – und vor allem Zweifel daran, dass die anvisierten Maßnahmen zum Erreichen der Pariser Klimaziele überhaupt genügen. Zwar sei es zu begrüßen, dass Hamburg nun einige Ziele nachgeschärft hat, heißt es etwa von Fridays for Future. Jedoch sei das neue Klimaschutzgesetz unzureichend, weil ein verbindlicher Rahmen und konkrete Jahrespläne fehlen. „Denn Ziele sind nichts wert, wenn die erforderlichen Maßnahmen, um diese zu erreichen, nicht umgesetzt werden“, sagt Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg.
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