piwik no script img

So viel Geld entgeht den StaatskassenBlackrocks lukrative Steuergestaltung

Der Finanzriese soll Gewinne aus den EU-Ländern, in denen er vor allem tätig ist, in solche mit niedrigeren Steuern verlagern. Illegal ist das nicht.

Blackrock-Sitz in New York City Foto: Carlo Allegri/rtr

Berlin taz | Finanzriese Blackrock hat ein ausgeklügeltes System, um auf legalem Wege Steuern zu sparen. Der Allgemeinheit in Europa seien so zwischen 2017 und 2023 hunderte Millionen Euro entgangen, heißt es in der Studie „Inside Blackrock“. Erstellt hat sie der Wirtschaftsprofessor Ceyhun Elgin von der Boğaziçi-Universität in Istanbul, und zwar im Auftrag von Martin Schirdewan, dem Ko-Vorsitzenden der Linksfraktion im Europa-Parlament.

Die US-Firma gilt als größter Vermögensverwalter der Welt, der angeblich etwa 10.000 Milliarden Euro Anlagekapital dirigiert, ein Fünftel davon in Europa. Aufsichtsratschef der Deutschland-Tochter der Firma war zeitweise Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

Der Studie zufolge konnte Blackrock die Abgaben erheblich reduzieren, indem beispielsweise den Filialen in Deutschland und Frankreich hohe interne Lizenzgebühren für die Nutzung der firmeneigenen Investment- und Risikosoftware „Aladdin“ in Rechnung gestellt wurden – was den zu besteuernden Gewinn in diesen Ländern schmälerte. Die Summen seien in EU-Staaten transferiert worden, die niedrigere Gewinnsteuern erheben, etwa die Niederlande, Irland oder Luxemburg.

Blackrock habe EU-weit zwischen zwölf und 18 Prozent Steuern auf seine Gewinne gezahlt, ermittelte Elgin. Die Steuersätze in Deutschland, Frankreich und Italien, wo das Unternehmen einen großen Teil seiner Geschäfte tätigte, lagen jedoch bei rund 30 Prozent.

Unternehmen: „Blackrock zahlt Steuern“

Den Berechnungen zufolge konnte der Finanzkonzern in Deutschland damit bis zu 378 Millionen Euro Steuern sparen, verteilt auf die sieben untersuchten Jahre durchschnittlich 50 Millionen Euro jährlich. Die Verluste für Frankreich und Italien gibt der Ökonom mit rund 100 Millionen Euro und 60 Millionen Euro an. Der EU insgesamt seien zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro durch die Lappen gegangen.

In seiner Stellungnahme betonte das Unternehmen: „Blackrock zahlt Steuern, gemäß den von den jeweiligen Steuerbehörden festgelegten Steuersätzen.“ Man handele „konservativ, um sicherzustellen, alle gesetzlich vorgeschriebenen Steuern“ zu entrichten.

Das bestreitet allerdings auch Wirtschaftswissenschaftler Elgin nicht. Er schreibt in seiner Studie, die Steuervermeidung nutze die rechtlichen Möglichkeiten konsequent aus. Illegal waren die Methoden demnach nicht, sondern nur trickreich.

Linken-Politiker sieht Kanzler in Mit-Verantwortung

Bundeskanzler Friedrich Merz amtierte zwischen 2016 und 2020 als Vorsitzender des Aufsichtsrates von Blackrock Deutschland. Die Aufgabe von Aufsichtsräten besteht in der Kontrolle der operativen Geschäfte. Nehmen sie ihre Aufgabe ernst, sind sie mit den Details der Geschäftsführung vertraut.

Linken-Politiker Schirdewan suggeriert nun, Merz trage eine Mitverantwortung: „Als ehemaligen Aufsichtsratschef von Blackrock haben wir einen reichen Finanzlobbyisten als Regierungschef.“ Schirdewan fordert „eine entschlossene Politik der Steuergerechtigkeit, die niedrige Einkommen entlastet und der aggressiven Steuervermeidung von Großunternehmen einen Riegel vorschiebt“. Konkret plädiert er für „mehr Transparenz bei den Steuerpraktiken der Großkonzerne und eine internationale Mindeststeuer von mindestens 25 Prozent“.

Im vergangenen Jahrzehnt hat die Politik allerdings schon gewisse Verbesserungen erzielt. Steuerhinterziehung und -vermeidung sollen beispielsweise dadurch abnehmen, dass internationale Unternehmen ab dem kommenden Jahr detailliert darlegen müssen, welche Abgaben sie in welchem Land entrichten. Damit fallen Vermeidungspraktiken leichter auf.

Außerdem gab es einen grundsätzlichen Konsens über die internationale Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen. Unter bestimmten Bedingungen müssen ausländische Firmen ihre in Deutschland erzielten Erträge ab kommendem Jahr mit mindestens 15 Prozent versteuern. Allerdings will US-Präsident Donald Trump diese Regelung wieder zu Fall bringen.

Das sei einer der Gründe, warum viele Staaten an einem internationalen Steuerabkommen unter dem Dach der Vereinten Nationen arbeiteten, erklärt Markus Meinzer vom Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • "...um auf legalem Wege Steuern zu sparen."

    Wann wird das endlch verboten! 🤪

  • "Illegal ist das nicht." - Und genau da liegt der Fehler.

  • "... die niedrigere Gewinnsteuern erheben, etwa die Niederlande, Irland oder Luxemburg ..." Wir hatten mal einen Minister, der wollte die Kavallerie zu den eidgenössischen Nachbarn schicken, weil die beim Steuerbetrug geholfen haben. Da fragt man sich schon dass die EU seit Jahrzehnten an einheitlichen Steuersätzen scheitern. Aber wenn man sich schon in der Bundesrepublik unter Ländern und Kommunen nicht einig wird, wen wundert es da.

  • Mc. Donald macht das auch so, Burgerking, amazon, paypal,.... alle machen das so. Alle verschieben Gewinne in Steueroasen. Warum sollte es gerade Blackrock anders machen?



    Wir (Deutschland und EU) sind doch selbst schuld, wenn wir dies zulassen.

  • Es wäre so einfach, wenn die EU vorschreiben würde, dass jedes multinationale Unternehmen in jedem EU Staat eine Tochterniederlassung haben muß, die für die dort erwirtschafteten Gewinne die Steuern zahlen muß.



    Letztlich ist es die EU, die es multinationalen Firmen ermöglicht unter dem Deckmantel des Binnenmarktes sich die Besteuerung auszusuchen. Das Problem ist hausgemacht.

    • @nutzer:

      Der clou ist ja, dass die unternehmen in Deutschland keine Gewinne machen , Facebook zum Beispiel macht ca. 100mio umsatz in Deutschland und zahlt ca 100mio Lizenzgebühren an Facebook-Irland (ist schon ein paar Jahre her das ich während einer Studie zu einem anderen Thema zufällig über die Zahlen gestolpert bin) Damit liegt der Gewinn nahe null.



      Das ist legal, man könnte höchsten Facebook-Irland wegen Wucher anzeigen, aber das müsste, glaube ich, Facebook selber tun.

      • @Jesus:

        dieses System beruht ja auch der Steuergesetzgebung und ist nicht vom Himmel gefallen, diese Regeln wurden von den Staaten selbst gemacht. Ergo lassen sie sich auch wieder ändern.



        Wenn sich der Eigentümer einer GmbH oder jeder anderen Kapitalgesellschaft solche Fantasiezahlungen auszahlen würde, würde ganz schnell das Finanzamt eine verdeckte Ausschüttung annehmen. Dass das bei FB und Co nicht geschieht, liegt ja im System. Wenn es gewollt wäre, ließe sich das ändern.