Skandal um japanischen Sportfunktionär: Auf alten Mann folgt alter Mann
Nach frauenfeindlichen Aussagen tritt Yoshiro Mori, Orga-Chef für Olympia 2021, zurück. Den 83-Jährigen ersetzt der 84-jährige Saburo Kawabuchi.
Die verschobenen Olympischen Sommerspiele in Japans Hauptstadt müssen einen weiteren Rückschlag verkraften. Fünf Monate vor der durch die Pandemie erneut gefährdeten Eröffnung kommt es zu einem Wechsel an der Spitze des Organisationskomitees. Der bisherige Präsident Yoshiro Mori will bei einer Sondersitzung am Freitag nach massiver Kritik an seinen frauenfeindlichen Äußerungen nun doch zurücktreten.
Er könne das Problem nicht mehr länger weiterlaufen lassen, sagte Mori. Der 83-Jährige hatte bei einer Aussprache über die Verdoppelung der niedrigen Frauenquote bei Sportfunktionären gesagt, Sitzungen mit Frauen dauerten länger, weil sie viel redeten. Den Sturm der Entrüstung konnte Mori mit seiner Entschuldigung nicht stoppen, trotzdem wollte er im Amt bleiben. Kein ranghoher Politiker wagte es, den mächtigen Patriarchen der Dauerregierungspartei LDP zu kritisieren.
Erst am Mittwoch zeichnete sich ab, dass Mori nicht mehr zu halten war. Da erklärte der Chef von Japans größtem Unternehmen, Toyota, dass man von Mori „enttäuscht“ sei. Der Autobauer ist ein Großsponsor der olympischen Bewegung. Zugleich kündigte die Gouverneurin von Tokio an, ein geplantes Treffen zwischen Mori und IOC-Chef Thomas Bach am 17. Februar zu boykottieren, weil dabei „nichts Positives herauskommen“ könne. Auch das IOC verschärfte seine Haltung. Zunächst hielt man den Fall mit der Entschuldigung für abgehakt. Nun bezeichnete man die Aussagen als „absolut unangebracht“ und „im Widerspruch zu den Verpflichtungen des IOC und den Reformen seiner Olympischen Agenda“.
Der künftige OK-Chef ist schon ausgeguckt – Saburo Kawabuchi, Gründer der Profi-Fußballliga J. League, Ex-Präsident des Fußballverbandes und aktuell „Bürgermeister“ des olympischen Dorfes. Der „Captain“, so sein Spitzname, steht nun vor der schwierigen Aufgabe, die Ausstragung der Spiele sicherzustellen und die extrem skeptische Bevölkerung für Olympia zu gewinnen. Notfalls müssten die Wettkämpfe eben nur vor einheimischen Zuschauern stattfinden, sagte er in früheren Interviews. Doch auf Japans wichtigster Informationsplattform Twitter herrschte viel Unzufriedenheit: Kawabuchi sei wieder ein Mann, mit 84 noch ein Jahr älter als Mori und ebenfalls ultrakonservativ. So lobte er den rechtsextremen Schriftsteller Naoki Hyakuta und sprach sich angeblich für die körperliche Züchtigung von Sportlern im Training aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei