Skandal um Leihmutterschaft: Cancel Culture auf Chinesisch
Im Skandal um eine der populärsten Schauspielerinnen geht es um Reproduktionsrechte, vage Gesetze, Misogynie und den Staat als moralische Instanz.
Ihr Untergang wurde durch eine geleakte Audioaufnahme ihres chinesischen Expartners besiegelt. Daraus geht hervor, dass das damalige Paar zwei Leihmütter in den USA engagiert hatte. Doch noch vor deren Niederkunft hatte die Schauspielerin ihre künftige Familie im Stich gelassen – und sich darüber geärgert, dass eine Abtreibung im siebten Schwangerschaftsmonat keine Option mehr ist. Ihr Exfreund sitzt seit über einem Jahr in den USA fest, um sich um die Babys zu kümmern.
Der Fall hat alle Zutaten eines handfesten Skandals: Zum einen sind Leihmutterschaften in China zumindest de facto verboten. Die Volksrepublik hat zudem eine komplizierte Vergangenheit mit Reproduktionsrechten der Frau, allen voran wegen der mittlerweile abgeschafften Ein-Kind-Politik.
Für die Kommunistische Partei sind zudem privilegierte Chinesen, die sich über dem Gesetz wähnen und im Ausland Schlupflöcher suchen, ein rotes Tuch. Nicht zuletzt triggert die Angelegenheit auch die weitverbreitete Misogynie innerhalb der Gesellschaft.
Wenig Sympathien für die Schauspielerin
Insbesondere in den sozialen Medien löste der Fall Zheng eine hitzige Debatte aus, bei der sie wenig Sympathie bekommt. „Die Essenz der Leihmutterschaft ist es, ein menschliches Wesen zu handeln. Wie kann man ohne den natürlichen Prozess von neun Monaten Schwangerschaft tiefe Gefühle für sein Kind entwickeln?“, fragt etwa ein Nutzer auf Chinas Twitter-Pendant Weibo.
Ein anderer schreibt, dass Leihmutterschaften als Strafbestand in Chinas Gesetzesbuch aufgenommen werden müssten: „Wer ein Baby haben möchte, aber es biologisch nicht kann, sollte sein Schicksal akzeptieren. Wer Kinder wirklich liebt, sollte eine formale Adoption beantragen.“
Auch die Behörden mischten sich in die Debatte ein. Leihmutterschaften würden „die Gebärmutter von Frauen als Werkzeug verwenden und das Leben als kommerzielles Produkt verkaufen“, schrieb die Zentrale Kommission für politische und rechtliche Angelegenheiten der Kommunistischen Partei. Ins Ausland zu reisen, um Schlupflöcher zu suchen, sei nicht „gesetzeskonform“.
Rechtliche Grauzone
Doch Chinas Rechtslage ist diffiziler. Zwar hat das Gesundheitsministerium Leihmutterschaften innerhalb der Landesgrenzen offiziell verboten. Doch innerhalb der Gesetzgebung gibt es keine entsprechenden Eintrag – eine für China typisch vage Lösung. Und auf Webseiten werden weiter Leihmutterschaftsdienste offen beworben, auch wenn die Polizei mittlerweile härter gegen den Schwarzmarkt vorgeht.
Zheng hat wegen der Kontroverse praktisch alle ihrer Sponsorenverträge verloren und Filmpreise aberkannt bekommen. Zudem hat die nationale Rundfunkbehörde angekündigt, die 29-Jährige – sowie sämtliche weitere, „in Skandale verwickelte“ Prominente – von den Fernsehbildschirmen und Radiowellen des Landes zu verbannen. Damit ist ihre Karriere beendet.
Somit demonstriert ihr Fall auch das Selbstverständnis der Kommunistischen Partei, die sich nicht bloß als Gesetzeshüter versteht, sondern auch als moralische Instanz, die über richtig und falsch entscheidet. Doch natürlich lässt sich das Verhalten genauso als Entmündigung der Bevölkerung beschreiben – zumal von einer Staatsführung, die nicht demokratisch legitimiert wurde.
Die Entscheidung wurde im Netz kontrovers diskutiert. „Verbannt sie einfach, ich bin es leid, diese verrückte Frau sehen zu müssen“, schreibt ein User. Und doch weht den Zensoren auch drastische Kritik entgegen. Denn die Schauspielerin habe keine wirklichen Gesetze gebrochen, meint etwa Nutzerin Dongxiangya: „Das ist im besten Fall eine Frage der Moral. Gegen eine Staatsbürgerin derart hart vorzugehen, ist nicht nur illegal, sondern auch ein schwerwiegender Verstoß gegen die Verfassung“.
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