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Skandal um FPÖ-MitarbeiterBestellung von Nazizeug sorgt für Streit

Zwei Mitarbeiter eines österreichischen FPÖ-Nationalratspräsidenten orderten rechte CDs und andere Devotionalien.

Sieht keine Schuld bei seinen "wissbegieriegen jungen" Mitarbeitern: FPÖ-Mann Graf. Bild: dpa

WIEN taz Die Band Weiße Wölfe und der Liedermacher Michael Müller haben einen eindeutigen Ruf in der Neonazi-Szene. CDs mit ihren hetzerischen Liedern nebst Devotionalien wie die Reichkriegsflagge und "T-Hemden" mit deutschen Landsern standen auf der Bestellliste, die beim deutschen Aufruhr-Versand von zwei Österreichern eingingen. Sebastian Ploner und Marcus Vetter, heute 21 und 22 Jahre alt, sind seit kurzer Zeit parlamentarische Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, FPÖ. Sie gehören wie Graf der schlagenden Burschenschaft Olympia an, die rechtsextremes Gedankengut pflegt.

Karl Öllinger, Abgeordneter und Sozialsprecher der Grünen, wünscht sich, das österreichische Parlament solle sich so wie die Bürger von Passau verhalten, die auf einer Demonstration forderten: "Zieht die Spülung: Weg mit dem Nazidreck!" Ihm wurden von Hackern die Bestelldaten des Versandhauses für rechtsextreme Artikel zugespielt. Obwohl die dokumentierten Bestellungen größtenteils mehr als vier Jahre zurückliegen, forderte Öllinger den freiheitlichen Würdenträger auf, sich von seinen Angestellten zu trennen.

Graf ignorierte die Vorwürfe zunächst. In einer Erklärung war von "wissbegierigen jungen Menschen" die Rede, die sich Material zur Information bestellt hätten. Für Öllinger ist das ein Hohn: "Das Material ist an Eindeutigkeit nicht zu überbieten." Unter den Büchern finden sich Anleitungen für nationale Aktivisten. CDs seien in größerer Stückzahl, T-Shirts in verschiedenen Größen geordert worden.

Die Erste Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, SPÖ, zeigte sich peinlich berührt, aber hilflos. Sie und ihre Kollegen können nicht abgewählt werden. Seine Mitarbeiter kann sich jeder selbst aussuchen. Immerhin lud sie Graf zu einer Aussprache, die am Donnerstag stattfand. Dabei hielt dieser an seinen Leuten fest, deren Jugendsünden man vergeben müsse, versprach aber, sich vom Aufruhr-Versand schriftlich zu distanzieren.

Damit ist die Sache für das Parlament zunächst erledigt. Öllinger will aber nicht aufgeben. Immerhin seien Grafs Mitarbeiter heute noch für die Sommer- und Winterlager des rechten Jugendverbandes "Sturmadler" verantwortlich. Allein die Bilder auf der Homepage ließen erkennen, welche Ideologie dort vermittelt werde.

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2 Kommentare

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  • JE
    Jan Engelstädter

    Wo ist der in der Überschrift erwähnte Streit? "Sturm im Wasserglas" wäre doch wohl passender gewesen. Oder gibt es außer dem grünen Abg. noch jemanden, der sich aufregt? Der Hinweis auf Passau, wo sich jetzt ja auch eine andere Sachlage anzudeuten scheint, wirkt fast schon disqualifizierend für den Urheber. Zumindest ein Mitarbeiter (evtl. auch beide, das kann ich als Leser nicht genau nachvollziehen) war z.T. der wohl letzten Bestellung 2005 noch minderjährig. Diese Jahreszahl hätte sich auch im taz-Artikel gut gemacht - aber dann wärs halt nicht aufregend genug gewesen.

  • J
    Joseph

    Der oesterreichische Bundespraesident meint dazu:

     

    Es muss klar sein, dass Österreich ein Land ist, in dem für sehr unterschiedliche politische Meinungen Platz ist, aber es muss Grenzen geben: Auch der geringste Rest nationalsozialistischer Gesinnung hat in Österreich nichts verloren.

     

    Der Dritte Nationalratspräsident grenzt sich vom rechtsextremen Versand ab - Das Parlamentspräsidium ist damit zufriedengestellt

     

    Das ist unfassbar und peinlich, denn schon gegen die Vorwuerfe der Gruenen im letzten Wahlkampf gegen FPOE Chef HC Strache, der auf Fotos bei rechtsextremen Uebung in seiner Jugend zu sehen ist wurde schon nichts unternommen.

     

    Man fragt sich wie Deutsche reagieren wuerden? Oder auch nicht, denn das waere wahrscheinlich gar nicht moeglich. Oesterreich muss da wohl etwas verpasst haben.