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Skandal um CDUler mit Nazi-TattooKenia-Koalitionskrach hält an

CDU, Grüne und SPD streiten weiter über die Nazi-Kontakte von Robert Möritz. Alternativen zur Koalition gibt es nicht – zumindest nicht ohne die AfD.

Mit seiner Partei auf dem Weg nach rechts: Sachsen-Anhalts CDU-Landesvorsitzender Holger Stahlknecht Foto: dpa

Dresden taz | Zumindest den Montag hat die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Bündnisgrünen in Sachsen-Anhalt überstanden. Insbesondere die Grünen schlugen auch versöhnliche Töne an, nachdem die Landesspitze zuvor gefragt hatte: „Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU?“

Hintergrund ist der Streit um den Anhalt-Bitterfelder CDU-Kreisfunktionär Robert Möritz. Am Wochenende hatte seine Partei ihm den Rücken gestärkt, obschon Möritz in der Vergangenheit als Ordner auf einer Nazidemo aufgetreten war und erst kürzlich öffentlich Spendengelder für den Rechtsaußen-Verein „Uniter“ sammelte.

Die Hakenkreuz-Äußerung der Grünen bezieht sich auf seine Tätowierung, eine sogenannte Schwarze Sonne. CDU-Generalsekretär Sven Schulze forderte eine Entschuldigung, er hält es für legitim, Möritz die erbetene „zweite Chance“ einzuräumen, wenn er sich klar vom Rechtsextremismus distanziere.

Entschuldigen wollen die Grünen sich nicht. Der Co-Landesvorsitzende Sebastian Striegel aber bekannte sich zum 2016 geschlossenen Koalitionsvertrag: Man wolle weiterhin „mit der CDU gemeinsam verantwortungsvolle Politik für das Land machen“, sagte er dem MDR. Man habe auch nicht alle 6.500 CDU-Mitglieder in Sachsen-Anhalt unter Nazi-Generalverdacht stellen wollen.

Co-Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz erinnerte zwar an die „guten Gründe für diese Koalition“. Basis aber sei ein „funktionierender demokratischer Konsens mit demokratischen Reflexen“. Die Grünen seien nicht zurückgerudert, sondern erwarteten nach wie vor eine angemessene Reaktion der CDU auf die Probleme in ihren eigenen Reihen. Bei den Bündnisgrünen gab es am Abend eine Telefonkonferenz des Landesvorstandes zum Abgleich der Standpunkte.

Angeblich ist man in der SPD „ziemlich entsetzt“

Die SPD hat für Montagabend ohnehin eine Routinesitzung des Landesvorstands geplant. Die Stimmung im Landesverband sei nach wiederholten Koalitionsstrapazen und dem schleichenden Rechts­trend der Union ziemlich entsetzt, ist aus Mitgliederkreisen zu erfahren.

„Für die Koalition gilt, dass sie nur eine Grundlage hat, wenn sie weiter das Bollwerk der Demokratie ist, für das wir sie gebildet haben“, erklärte die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle auf taz-Nachfrage. „Wer die Tür zur AfD öffnet oder Rechtsextremisten in seinen Reihen duldet, entzieht ‚Kenia‘ die Grundlage.“

Die drei Parteien sind aufeinander angewiesen, wenn Neuwahlen vermieden werden sollen. Ähnlich wie in Sachsen bildet das Kenia-Bündnis die einzige Option, wenn die CDU Koalitionen mit AfD oder der Linken ausschließt. Alle drei Koalitionsparteien hatten bei der Landtagswahl im März 2016 verloren, während die AfD aus dem Stand mit 24,3 Prozent ihr bis dahin höchstes Wahlergebnis in Deutschland erreichte. Der gemeinsame Koalitionsausschuss für schwierige strittige Fragen ist am Montag jedenfalls noch nicht einberufen worden.

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4 Kommentare

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  • Natürlich gab es nach dem Krieg Netzwerke ehemaliger Soldaten, die Waffen-SS unterhielt sogar einen eigenen Sozialverband, um Mitgliedern in Not zu helfen. Auch bestand die Waffen-SS zur Hälfte aus Soldaten 25 verschiedener Nationen und hatte in den ehemaligen Netzwerken eine sehr enge Bindung an die Fremdenlegion, die in Phasen in Indochina zu 60 Prozent aus Deutschen und übrigen aus deren Verbündeten bestand. So daß die Fremdenlegion eine personelle Kontinuität



    mit der Waffen-SS Verband, jetzt kämpfen sie allerdings für Frankreich. In Südkorea kam es zu einer Allianz mit Soldaten der ehemaligen japanischen Armee, die wie Park Chung Hee noch für Japan gekämpft hatten, auch mit den Amerikanern gab es sehr gute Beziehungen. Männer wie Mediamarktgruender Beisheim agierten in einem länderübergreifenden Netzwerk zu dem auch Briten, Türken und Neuseeländer gehörten. Das machte nicht nur Südkorea erfolgreich. Eigentlich alle Chung Gefolgsleute basierten auf diesen Armeeerfahrungen. Sie halfen sich gegenseitig Firmen zu gründen und übertrugen Erfolgsmodelle wie Wallmart und anderes in die jeweiligen Staaten. Das funktionierte perfekt schon ab 1955 und machte die US Army und die Legion zu einer geheimen Grundlage für Geschäfte. Abgewickelt wurde das meiste über Südkorea. Durch den historischen Umstand massenhaft in die Fremdenlegion geraten zu sein, spielten lange auch Männer deutscher Herkunft in dieser Global KG eine Rolle, die sehr integrativ agierte und auch Vietnam und ähnlichen Staaten die Tür öffnete. Erst mit Wahl von Moon zum ersten linken Regierungschef in Korea endete die Macht des Netzwerks. Die Verhaftung von Chungs Tochter, Chung hatte auch deutsche Militärberater, der Präsidentin Park Jeun Hee, beendete die Macht dieser Strukturen, die ohne Südkorea keine Plattform mehr haben. Das Netz spielte bei vielen Wahlen in Ostdeutschland eine Rolle. Zu anderen Ländern habe ich leider keinen Einblick nehmen können. Wahlfinanzierung war immer ein Thema.

    • @Nik...:

      Was soll mir das sagen?



      Sprich lieber über Fritz Bauer, der versucht hat Nazi-Netzwerke aufzudecken und Nazi-Mörder hinter Gitter zu bringen!

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Lag wohl nicht ganz falsch mit meinen Kommentar zum Artikel:

    taz.de/Rainer-Wend...bb_message_3880278

    Viele Mandatsträger der CDU im Osten sind so brutal rechts, daß man als Demokrat keine Koalition mit denen eingehen kann.

  • Die Tätowierung ist wahrscheinlich nicht so wichtig wie der gesamte politische Kurs, oder?



    Welchen politischen Kurs gilt es dort durchzusetzen? Welche Gemeinsamkeiten haben dort CDU, Grüne und SPD?



    Wann und wie wird der Putschistenverein Uniter bekämpft, aufgelöst?