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Sigmar Gabriels IranreiseWettlauf um das große Geschäft

Nach der Einigung mit dem Iran könnten bald auch die Wirtschaftssanktionen enden. Vizekanzler Sigmar Gabriel und die deutsche Wirtschaft reisen nun hin.

Schnell dabei sein: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kurz vor dem Abflug. Foto: dpa

Berlin/Teheran dpa | Es ist eine Reise, die viele Milliarden Euro wert sein kann. Das Ziel: Die iranische Hauptstadt Teheran. An Bord: Vizekanzler Sigmar Gabriel und ein Dutzend Vertreter der deutschen Wirtschaft. Die Mission: Wirtschaftliche Chancen nach der historischen Einigung im Atom-Streit mit dem Iran ausloten.

Am Sonntagmorgen startet ein Regierungs-Airbus aus Berlin, um Deutschland eine gute Ausgangsposition für den Wettlauf um die lukrativsten Geschäfte in dem ölreichen Golfstaat zu verschaffen. Die Planung der Reise begann schon, als noch lange nicht klar war, ob sich die UN-Vetomächte und Deutschland in Wien mit der Regierung in Teheran einigen würden.

Die Visa für die Mitreisenden wurden vor zwei Wochen beantragt. Die historische Vereinbarung, die eine iranische Atombombe verhindern und die Wirtschaftssanktionen gegen das Land beenden soll, stand aber erst am vergangenen Dienstag. So kam es, dass Wirtschaftsminister Gabriel jetzt der erste westliche Spitzenpolitiker ist, der in Teheran Gespräche über die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit führt.

Das Programm kann sich sehen lassen: Präsident Hassan Rohani empfängt den Gast aus Deutschland persönlich – protokollarisch in einem Land dieser Größe und Bedeutung nicht unbedingt üblich. Zudem sind Gespräche mit drei Ministern, dem Gouverneur der iranischen Zentralbank und der Industrie- und Handelskammer vorgesehen. Und zum Abschluss geht es am Dienstag in eine der kulturhistorisch bedeutendsten Städte des Irans: Isfahan, mit seinen atemberaubenden Palästen und Moscheen.

Die deutschen Unternehmen mit Iran-Ambitionen haben diese Reise herbeigesehnt. „Ein besseres Signal kann man sich gar nicht vorstellen“, sagt der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier. Er glaubt, dass sich die deutschen Exporte von derzeit 2,4 Milliarden Euro jährlich in den nächsten vier Jahren vervierfachen können.

„Große Affinität“ zu Deutschland

Treier sieht den deutschen Wettbewerbsvorteil vor allem in den historisch gewachsenen Bindungen. In den 1970er Jahren war der Iran der zweitgrößte außereuropäische Absatzmarkt der deutschen Wirtschaft nach den USA. 2005 war der Handel zwischen den beiden Ländern noch 4,8 Milliarden Euro wert. Dann brach er wegen der Sanktionen ein.

Die Lücke haben die Chinesen und Koreaner gefüllt. Heute kommen mehr als zwei Drittel der iranischen Importe aus Asien und weit weniger als ein Drittel aus Europa. Das Verhältnis der Iraner zu den Chinesen und Koreanern sei aber „sehr unemotional“, sagt Treier. Die Affinität zu den Deutschen sei dagegen groß.

Für die deutschen Firmen sieht der DIHK vor allem in den Bereichen Maschinen- und Fahrzeugbau, Baustoffe, Wassermanagement, Abfallwirtschaft, Erneuerbare Energien und Gesundheitswesen Potenzial. 2016 fallen nach jetziger Planung die entscheidenden Sanktionen. Dann soll das Iran-Geschäft so richtig brummen. Deswegen wird es nach dem Gabriel-Besuch weitere Delegationsreisen geben, auch eine große Wirtschaftskonferenz planen der DIHK und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bereits.

Und was, wenn das alles nicht funktioniert, wenn die Iraner ihr Wort nicht halten und ihre Verpflichtungen aus der Vereinbarung von Wien nicht umsetzen? Dann könne man auch ganz schnell wieder die Koffer packen, sagt Treier. Daran glaube aber niemand.

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7 Kommentare

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  • Der Beitrag erweckt den Eindruck, dass vor allem D. den Vorteil hat, weil es jetzt einen Absatzmarkt (zurück-)gewinnt. Dass ist – beim Propheten – nur die halbe Wahrheit! Auch der Iran hat etwas anzubieten, nämlich seine Haupt-Exportgüter Erdöl und Erdgas.

     

    Je mehr Erdöl-Anbieter es gibt, umso besser für die Kunden an der Tankstelle. Denn umso geringer ist die Gefahr, dass der Spritpreis so bald wieder einstige Höhen erreicht.

     

    Allerdings wird die iranisch –russische Freundschaft auf eine harte Probe gestellt. Die Erdgas-Waffe, die Präsident Putin erst neulich gegen die Ukraine einsetzte, als die diese nicht zahlen konnte, verliert damit an Schärfe, wenn der Iran als Ersatzlieferant einspringen kann!.

  • An Israel wurden ja U-Boote geliefert, die schlecht zu orten gewesen sein sollen und insbesondere als Antwort auf mögliche Atomwaffenschläge aus dem Iran gedacht waren. Werden jetzt auch wieder Waffen an den Iran geliefert?

    • @Celsus:

      "Werden jetzt auch wieder Waffen an den Iran geliefert?"

       

      Es muß "Waffeln" heißen!

       

      Denn Deutschland besitzt keine Waffenfabriken und hier leben auch keine Waffenfabrikbesitzer. Weil Amis und "der Russe" sie nach '45 alle für immer weggeschlossen. Zur Strafe!

       

      So träumte meinem Vater, der als Krüppel aus dem Krieg kam. Neunundzwanzig Jahre jung.

      • @Gion :

        Was soll denn das darstellen? Satire? Nach meinem Geschmack allerdings nicht sonderlich gelungen.

  • Sigmar on tour. Bin gespannt, was er im Iran verdaddelt. Fettnäpfe beiseite räumen!

  • "Die Affinität zu den Deutschen sei dagegen groß."

    Könnte damit zusammenhängen, daß die Iraner glauben, daß bei uns Juden nach wie vor nicht so recht gemocht werden.

    Da sieht man dann schon mal über ein paar an den Erzfeind gelieferte atomwaffenfähige U-Boote hinweg. So tolle Dinger können die ja schließlich auch gebrauchen.

    • @Werner W.:

      BRD hat bereits U-Boote an den Iran geliefert