piwik no script img

„Siedler von Catan“Absolut erzlos

Klaus Teuber, der „Catan“-Erfinder, ist gestorben. Sein Spiel führt auch heute noch zu Familienstreits. Gründe für die nächste Runde!

Ja, lass am besten den fiesen Räuber aus dem Spiel nehmen, damit es weniger Spaß macht

Klaus Teuber ist tot, aber das Meisterwerk des Spieleautors bleibt lebendig. Seit fast 30 Jahren spielen die Menschen „Die Siedler von Catan“ – es prägt unser Miteinander.

Jedes Spiel macht das, werden manche jetzt behaupten. Aber das ist falsch. „Mensch ärgere dich nicht“ fehlt der Tauschfaktor. „Uno“ der Stolz, etwas zu erschaffen. „Rommé“ die Gehässigkeit. Und „Risiko“ ist ohnehin eine kriegstreiberische Frechheit unter den Gesellschaftsspielen.

In den „Siedlern“ schlummert aber etwas, das das Spiel liebens- wie hassenswert macht. Es ist die Verknüpfung aus einfachen Spielregeln, bauen, tauschen, den immer wieder verrutschenden Landschaftskärtchen und der Prämisse, dass da eine „leere“ Insel ist, die im Kampf gegeneinander zivilisiert werden muss. So was fördert das Böse in Menschen. Auch deswegen haben viele die „Catan“-Spiele von ihren Familien für ihre WGs geklaut.

In der Familie schwelt ein Konflikt

„Catan“ mit seinen niedlichen bunten Holzstraßen, Kirchen und Häuschen lehrt uns beim Spielen die Komplexe und Eigenschaften unserer Liebsten. Wenn Mutter aufspringt und der Runde theatralisch vorwirft, niemand würde sie lieben. Dabei will nur niemand mit ihr Erz tauschen, weil sie nur noch ein Stadtbau vom Sieg trennt. Wenn der Freund sich aus der großen Politik der längsten Straße heraushält und leise im Verborgenen Siegpunkte auf Ereigniskarten hortet, bis er sie süffisant uns Losern präsentiert. Wenn die Freundin ernst von der Spielgemeinschaft fordert, dass alle bitte „nur lieb“ spielen sollen, bevor auch nur die erste Landschaft belegt wurde.

Dabei ist der Konflikt zwischen den Spielenden einer der großartigsten, wenn auch anstrengendsten Momente dieses Spiels und man kann ihn bei Bedarf auch instrumentalisieren.

Im Freun­d*in­nen­kreis oder der Familie schwelt ein Konflikt, den niemand artikulieren will? Alle sind geladen? Zeit für eine Runde „Catan“! Irgendwann werden die Menschen sich anblöken, fluchen, vielleicht sogar schreien. Danach ist der große Frust entweder erst einmal raus. Oder man weiß, mit wem man erst einmal nichts mehr zu tun haben will.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Unschätzbar, wie viele schöne Stunden Herr Teuber der Menschheit gebracht hat.



    Danke dafür!

    Dieses "lieb spielen" habe ich nie verstanden. Spiel ist genau dazu da, auch mal die sonst so eingehegten Seiten rauszulassen. Wer das persönlich nimmt hat eher das Konzept nicht verstanden.

    Es gibt allerdings auch sehr schöne kooperative Spiele (z.B. Herr der Ring).

  • "hassenswert"



    Ich glaube nicht, dass wir dieses Spiel jemals gehasst haben. Ganz gleich wie die Spielsitzungen abgelaufen sind, am Ende des Tages (was schonmal gegen 4 Uhr morgens sein kann) gehen wir immer mit dem Gefühl ins Bett, beim gemeinsamen Spielen eine gute Zeit verbracht zu haben.



    Ruhen Sie in Frieden, Herr Teuber.

  • jetzt weiss ich wieder warum ich keine Spiele mag.

    Das Leben ist anstrengend genug und so viel Zeit habe ich nicht, dass ich sie bei irgendwelchen Spielen verpulvere.

    Auf in die nächste Runde Tetris.

    • @Friderike Graebert:

      Tetrisspielen hat mich auf das Einräumen von Kofferräumen und Spülmaschinen vorbereitet.

      Nicht für die Freizeit, für das Leben spielen wir!

      • @Tetra Mint:

        "...das Einräumen von Kofferräumen und Spülmaschinen vorbereitet."

        Welches Einräumen? Das männliche oder das weibliche? Das jeweils andere Geschlecht macht es definitiv falsch.



        Gibt es bei Tetris auch eine Geschlechtsversion?

        • @fly:

          Nicht, dass ich wüsste. Ich habe Kollegen mit und welche ohne Begabung zur effizienten Spülmaschinennutzung, ebenso Kolleginnen mit und welche ohne entsprechende Begabung. Bei beiden überwiegt die Faulheit - erst wird vorne oben reingestellt. Die später Gehenden sind dann die, die entweder umsortieren oder ihren Becher praktisch unspülbar reinstellen.



          (Wir sind ein Software-Haus, räumliche Form- und Volumeneinschätzung gehört also nicht zu den Einstellungsvoraussetzungen.)

  • So wie der Autor habe ich noch nie "Siedler" gespielt.

    Ich kenne es so, dass bei "Mensch ärgere Dich nicht" und "Malefiz" viel mehr Emotionen hochkochen.