Sicherungsverwahrung in Deutschland: Längere Inhaftierung ist rechtens
Besonders gefährliche Gewaltstraftäter dürfen auch nach Verbüßung ihrer Strafe in Haft behalten werden. Das urteilte der Europäische Menschengerichtshof.
Die Richter hatten über den Antrag eines 73-Jährigen zu entscheiden, der 1986 in Deutschland unter anderem wegen Sexualdelikten zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Zugleich hatte das Gericht die damals geltende Höchstdauer von weiteren zehn Jahren Sicherheitsverwahrung in Anschluss an die Haft angeordnet.
Diese zeitliche Begrenzung der „Haft nach der Haft“ war 1986 aufgehoben worden. Die Gerichte verlängerten daraufhin in regelmäßigen Abständen die Sicherungsverwahrung des Sexualstraftäters, der weiterhin als gefährlich galt. Gegen diese Verlängerungen wehrte sich der Mann vor dem Menschenrechtsgerichtshof.
Die Richter in Straßburg argumentierten jedoch, dass in diesem Fall die inzwischen reformierten deutschen Bestimmungen zur Sicherheitsverwahrung rechtens sind. Die alten Bestimmungen waren vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und 2013 reformiert worden.
Demnach kann ein Mensch nach der Verbüßung seiner Haftstrafe in Sicherheitsverwahrung genommen werden, wenn wegen einer psychischen Erkrankung weitere schwere Straftaten zu befürchten sind und der Patient ärztlich behandelt werden muss sowie eine Therapie benötigt. Dies sah der Menschenrechtsgerichtshof in dem zu entscheidenden Fall als gegeben an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga