Sicherheitsmängel in französischen AKWs: Atomaufsicht drückt beide Augen zu
Greenpeace belegt erneut erhebliche Probleme bei Stahlteilen an 14 Atomstandorten in Frankreich. Doch die Behörden lassen die Meiler weiter laufen.
„Die französischen AKW sind eine akute Gefahr für Millionen Europäer“, warnt Susanne Neubronner von Greenpeace. Sie verweist dabei auf eine bereits bekannte Expertise des unabhängigen Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN), wonach die Anomalien und Produktionsmängel zum Versagen der Dampferzeuger und damit in Folge zu einer Kernschmelze in den Reaktoren führen könnten.
Es ist nicht einmal ganz neu, dass serienweise geschludert wurde bei der Herstellung von Stahlteilen für französische Atomkraftwerke. Das kam schon an den Tag, als 2014 Qualitätsmängel im Reaktordruckbehälter für die neuen Anlage mit EPR-Technologie in Flamanville in der Normandie entdeckt worden waren. Dieses sehr große Teil enthielt laut Analysen einen zu hohen Anteil an Kohlenstoff, was der Belastbarkeit schadet.
Bei den weiteren Kontrollen stellte sich heraus, das eine ganze Reihe von Auflagen bei der Produktion in der zum Areva-Konzern gehörenden Stahlgießerei Creusot Forge nicht oder unvollständig respektiert worden waren. Und wie sich dann rasch herausstellte, gab es diese Mängel in der Stahlqualität nicht nur für Flamanville, sondern auch bei anderen AKW-Anlagen.
Die Greenpeace-Untersuchung erinnert die Atomaufsichtsbehörde ASN nun daran, dass insgesamt 107 Bauteile in 19 Reaktoren aus der Creusot-Schmiede ähnliche Fehler aufweisen. Derzeit sind lediglich vier Reaktoren wegen weiterer Untersuchungen vom Netz, darunter ein Reaktor in Fessenheim bei Freiburg. Die restlichen 15 AKW laufen ungedrosselt weiter.
Die Atomaufsichtsbehörde drückt vorerst beide Augen zu. Für sie scheint es unvorstellbar zu sein, dass die Hälfte der Stromproduktion der französischen AKW wegen erforderlicher Reparaturen auf unbestimmte Zeit ausfällt.
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