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Sichere Räume in der ClubkulturChance auf Emanzipation

Jeder hat eine eigene Vorstellung davon, was einen sogenannten „Safe Space“ ausmacht. Sind diese in Clubs und Parties überhaupt möglich?

Clubräume können als Form einer kollektiven Gegenbewegung genutzt werden Foto: Unsplash/Diao Darius

Für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, sind im Alltag sichere Räume wichtig. In diesen sogenannten „Safe Spaces“ können Marginalisierte in Ruhe ihre Themen diskutieren, ohne Angst zu haben, diskriminiert zu werden, denn dort werden alle gleich behandelt.

Gerade in einer Diskothek oder einer Feier kann ein sicherer Raum wie ein unmögliches Unterfangen klingen. In Diskotheken wird Alkohol getrunken oder andere Drogen konsumiert. Es ist dunkel, eng und laut. „Als Veranstalter*in sollte man alles dafür geben, einen möglichst sicheren sozialen Raum zu schaffen. Aber einen garantiert sicheren Raum als solchen wird es dort nie geben“, sagt Xavi Thiem, der Repräsentant des Leipziger Clubs Institut für Zukunft (IfZ).

Sich im öffentlichen Raum aufzuhalten ist unweigerlich voller Ungleichheiten, die von unserem Gesellschaftssystem produziert werden. Im IfZ wird versucht, dass Safer Clubbing Konzept umzusetzen. Zum einen gibt es sogenannte Feel Good Persons, an die sich von übergriffigem Verhalten Betroffene wenden können. Zum anderen stellen die Veranstalter*innen kostenloses Obst zur Verfügung und verteilen Infomaterial, um Gäste über Risiken und Gefahren von Drogen aufzuklären.

Ein weiterer Teil eines sicheren Feiererlebnisses ist die Türpolitik und die Auswahl der Gäste. Es wird nicht anhand von Kleidung, Geschlecht, Sexualität oder Hautfarbe entschieden, ob eine Person auf die Party passt. Stattdessen wird durch ein kurzes Gespräch auf die Regeln des Clubs aufmerksam gemacht und die Reaktionen und der Zustand der Personen in der Schlange überprüft.

Es wird mit Ekstase und Reflexion geworben

Xavi Thiem veranstaltet zusammen mit Sarah Ulrich das Balance Festival in Leipzig. Dort gibt es neben dem musikalischen Angebot im Tagesprogramm unter anderem Workshops und Podiumsdiskussionen, dieses Jahr mit dem Fokus auf feministische Körperpolitiken und Empowerment. Es wird gleichermaßen mit Ekstase wie mit Reflexion geworben. Da kommt die Frage auf, inwiefern die Clubkultur Einfluss auf den politischen Ist-Zustand und gesellschaftliche Normen hat.

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Sarah Ulrich sagt dazu: „Dieser Einfluss muss nicht zwangsläufig öffentlich oder sichtbar, sondern kann auch im Sinne der Stärkung einer Community sein – beispielsweise durch den Austausch über bestimmte Hierarchien oder Diskriminierungsformen und das Diskutieren kollektiver Strategien zur Veränderung dieser und zur Schaffung von selbstbestimmten, emanzipatorischen Räumen. Aber Clubräume bieten ein enormes Potential zur Kollektivität – und damit auch zur Solidarität.“

Clubräume können also als Form einer kollektiven Gegenbewegung zum gesellschaftlichen System genutzt werden. Sie können ein Empowerment für marginalisierte Gruppen bedeuten. Clubkultur besitzt die Möglichkeit, Räume der Subversion zu fördern, gesellschaftliche Strukturen zu hinterfragen und Normen umzudeuten. Sowohl IfZ, als auch das Balance Festival haben diesen Ansatz. Diese Räume mögen nur eine temporäre Utopie für die Gäste sein. Doch das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Veranstaltungen und die kollektive Akzeptanz von Personen aus verschiedenen Gruppen bietet die Chance, sich kollektiv zu emanzipieren. Und ein Gesellschaftsmodell vorzuleben, dass sich möglicherweise auch außerhalb einer Cluberfahrung multiplizieren kann.

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5 Kommentare

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  • Gut gemeint ist allzu oft eben noch nicht gut gemacht und meinem Eindruck nach adressiert die zunehmende Praxis von Safe Spaces / Awareness Teams / Feel Good Persons zwar bestehende und dringliche Probleme, geht diese aber fundamental falsch an weil sie eben nicht progressiv und emanzipatorisch sondern die auf links gewendete Fortsetzung eines ubiquitären Versicherheitlichungsdiskurses ist, der nicht nur strukturell autoritär ist sondern zunehmend auf Prävention statt Repression setzt und dafür auf Devianz statt auf Delinquenz fokussiert. Im linken Kontext heißt das dann an der Tür nicht nach "Kleidung, Geschlecht, Sexualität oder Hautfarbe" zu sortieren sondern danach wer subjektiv irgendwie verdächtig wirkt. Nicht minder subjektiv sind dann die Fälle in denen Leute nicht aufgrund konkreter Handlungen sanktioniert werden sondern weil sich irgendwer durch ihre Anwesenheit "unwohl fühlt" wobei die Stärke des Arguments dabei dann nicht in Fakten besteht, sondern darin welche Partei als diskriminierungsbetroffener eingeschätzt wird und so letztlich (positive) Diskriminierung reproduziert. Vor allem aber hat sich mit diesen Praktiken in der subkulturellen Linken längst ein regressiver Standard etabliert der strukturell noch hinter die dort regelmäßig und zu Recht kritisierte, staatliche Justiz zurückfällt.



    Auch mit Blick auf die von Diskriminierung Betroffenen wäre noch einmal die Frage zu stellen ob die Installation exekutiver Instanzen, die all diese Konzepte letztlich sind, wirklich einen Fortschritt darstellen. Dass sie zunächst hilfreich und nützich sind dürfte zwar auf der Hand liegen, aber dazu in der Erfahrung zur Vertretung der eigenen berechtigten und legitimen Interessen auf eine dafür zuständige Autoritätsstruktur angewiesen zu sein Empowerment zu vermuten und nicht Infantilisierung und Affirmation der eigenen Ohnmachtsgefühle braucht es doch schon einige geistige Verrenkungen.



    ...

    • @Ingo Bernable:

      ...



      Und weiter wird dann da über eine Gleichzeitigkeit von Ekstase und Reflexion fabuliert in der selbst noch der Drogenkonsum sicher sein soll ohne die Paradoxie dieses Gedankens einer eingehegten Entgrenzung zu erkennen. Das ist das Versprechen einer Erfahrung ohne sich ihr aussetzen zu müssen.

      All diese Aspekte von Sicherheitsdenken fügen sich recht nahtlos in eine gesellschaftliche Entwicklung die faktisch zwar immer sicherer wird gleichzeitig aber mit immer größeren Unsicherheitsgefühlen einhergeht. Wer daraus die Forderung nach Strukturen ableitet die Terroranschläge ebenso sicher ausschließen wie jedwede unerwünschte Komplikation im Umgang mit Anderen, muss sich im Klaren darüber sein, dass weder das Eine noch das Andere unter der Bedingung einer freien Gesellschaft zu verwirklichen ist.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Mir ist nicht ganz klar, warum das IfZ mit dieser Politik zum "Safe Space" wird.

    Ich habe diese Vokabel bisher nur in einem radikaleren Kontext gelesen.

    "Für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, sind im Alltag sichere Räume wichtig. In diesen sogenannten „Safe Spaces“ können Marginalisierte in Ruhe ihre Themen diskutieren, ohne Angst zu haben, diskriminiert zu werden, denn dort werden alle gleich behandelt."

    Das kann ich aus der Erfahrung so nicht bestätigen.



    An amerikanischen Unis werden "safe spaces" für "Schwarze" gebildet, indem "Weiße" explizit ausgeschlossen werden. In "safe spaces" für Frauen werden keine Männer geduldet.



    Auf einem Connewitzer Wagenplatz wurde das "Save Space"-Konzept angewendet, was mit dem expliziten Ausschluss eines syrisch-stämmigen Freundes aufgrund seiner Herkunft einherging.



    In einer Bar in Plagwitz/Lindenau, die regelmäßig einen "Safe Space" zur Diskussion von Frauen-, Homo-, Queer- und Trans-Themen bietet werden Menschen explizit abgewiesen, die als cis-Männer identifiziert werden.

    Ich selbst habe aufgrund der vermeinten Selbstverständlichkeit dieser Ausschlüsse meine Probleme mit diesem Ansatz. Zumindest in Teilen wird die rassistische oder sexistische Ausgrenzung reproduziert, der doch der Kampf angesagt wurde.



    Insofern weiß ich nicht, ob die Vokabel "Safe Space" in Hinblick auf das Konzept des IfZ angebracht ist.

  • Da bin ich ja mal neugierig darauf was passiert, wenn statt des guten alten Türstehers nun die Tugendwächter das Regime führen. Meine Prognose: Es sind am Ende zwar nicht dieselben Leute IN der Disco, aber mit Sicherheit wieder dieselben draußen, die ich früher, als ich noch Clubs führte, auch nicht reingelassen hätte. In der Disco verbleiben dann genau jener Haufen SMV- und AStA-Spießer, deren Abwesenheit einen Clubabend überhaupt erst cool macht. … Vieeeeel Spaß Leute.

    PS: Obwohl …sowas gab es früher schon mal. Das waren diese Bhagwan Discos. Wir nannten das immer nur Flohzirkus. Allerdings war ich manchmal dort und mochte es sogar. Nicht jeden Abend, aber mal so zwischendurch ein angenehmes Erlebnis, all die befreiten Typen bei ihrer Selbstververwirklichung zu betrachten … bin wirklich gespannt, wie sich die Clubszene entwickelt.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Früher war alles einfacher. Wenn da einer blöd kam, gab es gegebenenfalls eine auf die Acht und er flog raus.

    Allerdings finde ich das Konzept mit den FeelGoodPersons richtig gut. Nur der Name ist bescheuert. Aber so etwas ist in dieser weichgespülten Szene wohl üblich.