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Shoppen im InternetRetour schicken, bis der Arzt kommt

Die Deutschen lieben es, das Zuhause als Umkleidekabine zu nutzen. Daran wird auch ein neues Gesetz über Rücksendungen nichts ändern.

350 Millionen Pakete in Deutschland werden wieder zurückgeschickt. Bild: dpa

BERLIN taz | „Schrei vor Glück – oder schick’s zurück“, mit diesem Slogan hat der Onlinehändler Zalando jahrelang Werbung gemacht. Inzwischen wurde der hintere Teil des Satzes gestrichen. Trotzdem geht bei Zalando noch etwa jeder zweite Artikel zurück. Das ist Teil der Geschäftsidee. Zwei Wochen lang darf die Ware ohne Angabe von Gründen zurückgesendet werden.

Theoretisch müssten die Händler nur bei einem Warenwert von über 40 Euro die Rücksendekosten übernehmen. Aber der Großteil gibt die Kosten auch bei einem niedrigeren Wert nicht an die Kunden weiter.

Daran dürfte sich auch nichts ändern, wenn am Freitag eine neue EU-Richtlinie in Kraft tritt, nach der künftig grundsätzlich der Verbraucher die Rücksendekosten zu tragen hat. Die großen deutschen Internethändler wie Amazon, Otto oder Zalando haben bereits angekündigt, an den bisherigen Regelungen festzuhalten.

Man will die Kundschaft nicht vergraulen, indem man schlechtere Bedingungen als die Konkurrenz anbietet. So erklärte etwa ein Sprecher von Otto: „Retouren bleiben bei uns kostenlos. Auf diese Serviceleistung zu verzichten ist für uns schlichtweg keine Option.“ Schließlich will fast ein Drittel der Verbraucher laut einer Studie des Branchenverbandes Bitcom ausschließlich in Internetläden einkaufen, die kostenfreien Rückversand anbieten.

Monopolbildung

Probleme bereitet das den kleinen Internethändlern. Aber auch sie werden in Zukunft vermutlich keine Gebühren für die Rücksendung erheben. „Die vielen kleinen Anbieter haben kaum eine andere Wahl, als auch mitzuziehen. Wenn sie plötzlich Rücksendekosten erheben würden, dann gingen die Kunden erst recht zu Amazon und Co“, sagt Gerrit Heinemann, Forscher an der Hochschule Niederrhein.

Er befürchtet, dass der Verzicht auf Rücksendegebühren längerfristig die Monopolbildung unterstützt. „Die großen Anbieter wie Amazon oder Zalando werden dadurch weiter gestärkt, denn sie können die Mehrkosten dank ihrer besseren Einkaufskonditionen und der effizienteren Abwicklung verkraften.“

Die Internethandel boomt in Deutschland

Die Deutschen lieben es, im Internet zu bestellen und ihr Wohnzimmer als Umkleidekabine zu nutzen. Nach neuen Zahlen, die der Branchenverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland am Montag veröffentlichte, verzeichnete der Internethandel 2013 in Deutschland einen Gesamtumsatz von 39 Milliarden Euro – 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Paar Schuhe wird in mehreren Größen gekauft, das T-Shirt in verschiedenen Farben. Es kostet ja nichts, später alles, was nicht passt, zurückzuschicken.

Die Händler jedoch kostet jede Retour durchschnittlich rund 15 Euro pro Paket, haben Forscher der Universität Bamberg berechnet. Etwa 350 Millionen Pakete werden in Deutschland pro Jahr zurückgeschickt. Im Bereich Technik landet jedes zehnte Paket wieder beim Händler, bei der Bekleidung sind es 9 Prozent.

Dadurch leidet auch die Umwelt. Laut den Forschern der Universität Bamberg verursacht der Transport der Retouren CO2-Emissionen in Höhe von 124 Tonnen pro Jahr. Etwa zwei Drittel der Unternehmen sind inzwischen dazu übergegangen, die Konten von besonders retourfreudigen Kunden zu sperren, schätzen Branchenexperten. Betroffen sind davon etwa 2 Prozent der Kunden.

In Zukunft wird das Rücksenden nicht mehr ganz so leicht sein wie vorher. Die neue EU-Richtlinie schreibt auch vor, dass der Rückruf demnächst ausdrücklich erklärt werden muss. Das geht aber einfach per Brief oder per Mail.

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4 Kommentare

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  • Mittlerweile finde ich das Einkaufen in örtlichen Geschäften als einfacher, als der Online-Einkauf: Ich habe die Ware gleich in der Hand, kann sie begutachten und unterstütze mit dem Kauf die regionale Wirtschaft.

     

    Nix mit Account erstellen, auspacken, einpacken. Ich bestelle meist nur, wenn ich ein spezielles Produkt haben möchte, was ich in den örtlichen Geschäften einfach nicht bekomme.

  • Anstatt Co2 durch Retouren bei Zalando zu verbraten, kann man auch einfach mit dem SUV zum Shoppingcenter raus fahren - Querfeldein!

  • umwelt hin oder her, man kauft keine sachen ohne sie zu begutachten,

    dazu gehört nun mal die möglichkeit etwas zurückzugeben. rückgabe ist keine schlechte sache. wenn der rücklauf so teuer ist, wird das schon im preis mit drin stecken, man kann käufer nicht zwingen etwas zu behalten. dann rechnet sich der kauf im netz für den kunden evtl. nicht mehr und dann kommt der nächste aufschrei...

    es ist zwar gut an die umwelt zu denken, aber bei manchen sachen lässt es sich nicht ändern ohne abstrus zu werden. konsequent wäre, wenn man den gesamten onlinehandel in frage stellt, denn auch der versand zum kunden belastet die umwelt.

    • @nutzer:

      "konsequent wäre, wenn man den gesamten onlinehandel in frage stellt"

       

      Und wenn Sie jetzt noch herausfinden, wer nun wieder dieser ominöse man ist, dann haben Sie die Lösung schon gefunden. Niemand muss diesen Unsinn mitmachen.

       

      Und:Unser westliches Wohlstandsleben hat sich noch nie gerechnet. Zumindest nicht ohne jene Menschen, die als Billiglohnarbeiter für uns schuften müssen. Würden die Näherinnen in Bangladesh anständig entlohnt werden, dann wäre hier Schluss mit T-shirt-Fummeln und vielem anderem für 10 €. Und eine konsequent ökologische Betrachtung würde noch sehr viel mehr Einschränkungen zu Folge haben. U.a. Flüge, Fernreisen,....

       

      Also:Besser, man weiß das alles nicht. Und die anderen machen es ja auch. Auf nach Brasilien. Fußballgucken.