Sheinbaum wird Mexikos neue Präsidentin: Ein subtiler Stilwechsel

Mexikos neue Präsidentin wird die linke Politik ihres Vorgängers fortsetzen. Gleichzeitig muss sie gegen die Geister ankämpfen, die er in die Welt gesetzt hat.

Präsidentschaftskandidatin Sheinbaum auf einer Bühne.

Wahlsiegerin Claudia Sheinbaum am 3. Juni in Mexiko City Foto: Eduardo Verdugo/ap

Claudia Sheinbaum hat die mexikanischen Präsidentschaftswahlen gewonnen, und alles andere wäre ein Wunder gewesen. Zweifellos verdankt die Linkspolitikerin der Morena-Partei ihren Erfolg der Beliebtheit des amtierenden Staatschefs Andrés Manuel López Obrador.

Doch dass sie sich so deutlich gegen ihre Konkurrentin durchsetzen konnte, ist auch der Entscheidung der Mitte-Rechts-Koalition geschuldet, die Xóchitl Gálvez ins Rennen schickte. Gálvez Wahlkampf zeichnete sich im Wesentlichen dadurch aus, dass sie gegen Sheinbaum hetzte. Inhalte? Fehlanzeige.

Die künftige Präsidentin hatte nie Zweifel daran gelassen, dass sie die Politik ihres Parteifreundes López Obrador fortführen wird. Mit Blick auf die Sozialpolitik ist das eine gute Nachricht, denn die arme Bevölkerung hat von der Erhöhung des Mindestlohns sowie der Grundrente und ähnlichen Programmen profitiert.

Keine Strategie gegen die Gewalt

Doch zugleich ist ihre Ansage beunruhigend. López Obrador hat keine Strategie entwickelt, um der Gewalt Grenzen zu setzen. In seiner Amtszeit sind mehr Menschen in den Händen von Kriminellen und Sicherheitskräften verschwunden als je zuvor. Noch mehr Regionen werden vom organisierten Verbrechen regiert, die Straflosigkeit ist eklatant hoch.

Dass der Staatschef die Befugnisse des Militärs massiv ausgedehnt hat, entschärfte diese Lage nicht. Im Gegenteil. Heute kontrolliert die Armee zivile Infrastrukturprojekte, Flughäfen und die Migrationsbekämpfung. Sheinbaum wird es als erstes weibliches Staatsoberhaupt Mexikos schwer haben, sich gegen diesen patriarchalen Apparat durchzusetzen.

Im Gegensatz zum aggressiven, polarisierenden Auftreten López Obradors ist sie zurückhaltender. Das lässt wiederum hoffen. Während der amtierende Staatschef alle Kritiker, ob Journalistinnen, Umweltschützer oder Akademikerinnen, als Feinde brandmarkt, ist von Sheinbaum mehr Kooperation mit der Zivilgesellschaft zu erwarten. Damit wäre viel gewonnen.

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Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.

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