Service Bahnfahren: Berlin-Trier, 1. Klasse, drei Euro
Fünf Millionen Reisende nutzen die Bahncard. Manche, obwohl es sich gar nicht rechnet. Eine Orientierungshilfe mit einem Tipp für Biertrinker.
Ob eine Bahncard sich lohnt, ist schwer vorherzusehen, denn die Preise schwanken teilweise stark. Auch ein Bahncard-Rechner der Bahn gibt nur sehr grobe Orientierung.
Nach Meldungen zur Bahncard-Abschaffung im Dezember, wird die Bahn in der kommenden Woche ein neues Konzept für den Fernverkehr vorstellen. Wir haben vorher versucht, ein wenig nachzurechnen – und dafür auch die Facebook-Hinweise unserer Leser genutzt.
Am beliebtesten ist die Bahncard 25. Sie hat etwa 3,5 Millionen Nutzer und macht vor allem Sinn für Frühbucher, denn 25 Prozent Rabatt gelten hier auch für Sparpreise, die vor allem, wenn man rechtzeitig dran ist, stark unter dem regulären Preis liegen. Für eine Fahrt von Berlin nach Köln und zurück, einer der beliebtesten Strecken Deutschlands, zahlt man für das Wochenende in zwei Monaten zur Zeit 120 Euro für die zweite Klasse, 90 Euro mit Bahncard 25. Die Bahncard 25 kostet regulär 62, reduziert 41 Euro. Sprich: Die reduzierte Bahncard lohnt sich ab zwei, die reguläre ab vier Reisen von Berlin nach Köln.
Mit Croissants und Bonuspunkten
Familien bekommen zum Teil Rabatte für die Bahncard: Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern über 14 zahlt nur 92 Euro für 4 Bahncards. Für sie lohnt sich die Bahncard 25 ab dem zweiten Trip von Berlin nach Köln.
Was die Bahn an der Bahncard stört und warum ein Manager rausflog, der sie einmal abschaffte, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. März 2014. Außerdem: Wo man Drohnen präsentiert als wären sie Diamanten: Auf der größten Waffenmesse der Welt in Abu Dhabi. Ein Gespräch mit dem supergeilen Friedrich Liechtenstein. Und: Kohle oder Gas? Der Streit der Woche zum Auftakt der Grillsaison. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Auf unsere Bahncard-Umfrage //www.facebook.com/taz.kommune:auf der taz-Kommune auf Facebook schrieb uns ein Leser, der die Familien-Bahncard 25 so für die 1. Klasse nutzt. „Wenn man es schlau macht“, behauptet er, „dann fährt man wirklich fast umsonst durch die Gegend.“ Er rechnet dann tatsächlich ein Beispiel für eine IC-Fahrt in der 1. Klasse von Trier nach Berlin vor: Die könne man früh gebucht für 29 Euro bekommen. Seine Rechnung sieht folgendermaßen aus:
„Dafür gibt es 44 Bonuspunkte für die Fahrkarte und 14 Bonuspunkte für das Bezahlen mit der Bahnkreditkarte (Wert circa 2,50 Euro in Freifahrten gerechnet). Pause in Köln mit Frühstück in der Lounge mit 2 Kaffee und 1 Croissant (Wert circa 6 Euro). In Berlin dann 2 Weizenbiere und eine Suppe bei der Ankunft in der Lounge (Wert circa 10 Euro). Macht Vergünstigungen im Wert von fast 18,50 Euro. Damit beträgt der reine Fahrpreis 1. Klasse Trier - Berlin nur noch circa 10 Euro. Wenn man dann noch das 'Glück' hat, dass es zu einer Stunde Verspätung gekommen ist, dann bekommt man 7,25 Euro vom Fahrpreis wieder und ist dann praktisch für 3 Euro nach Berlin gefahren (so kann man sich die Welt schönrechnen).“
„Nur darstellen, was möglich ist“
„Natürlich“, gibt der Familienvater zu, „ist das jetzt ein absolutes Extrembeispiel, was wohl keiner regelmäßig praktiziert.“ Weder bekomme er immer den günstigsten Sparpreis - oft müsse er 51 Euro bezahlen - noch mache er regelmäßig Pause in Köln, weil er ans Ziel kommen wolle. „Außerdem ist mir am Ziel nicht immer nach zwei Weizenbieren und der Zug ist in diesem Fall nicht auch noch 1 Stunde verspätet. Wollte nur darstellen, was möglich ist.“
Die Bahncard 50 wiederum lohnt sich vor allem für Leute, die relativ viel und spontan Bahn fahren – schließlich gelten die 50 Prozent Rabatt nur auf den regulären Ticketpreis. Vorausschauende Bucher zahlen oft mit der Bahncard 25 weit weniger, und zum Teil auch ohne Bahncard dank Sparpreis kaum mehr als mit der Bahncard 50.
Die Bahncard 50 kostet reduziert 127 Euro, regulär 255 Euro. Die reguläre Bahncard 50 lohnt sich beispielsweise ab dem dritten Kurztripp von Berlin nach Köln, die reduzierte ab dem zweiten.
Die Bahncard 100 – eine Art Flatrate für's Bahnfahren, kostet 4.090 Euro in der zweiten Klasse. Das rentiert sich nur für Dauerpendler. Man müsste zum Beispiel 34 Mal im Jahr von Köln nach Berlin mit dem ICE pendeln, damit sich eine Bahncard 100 statt der Bahncard 50 - ohne Ermäßigung - rentiert.
Bus meist deutlich billiger
Neben Rabatten bei den Ticketpreisen bietet die Bahn auch ein Bonusprogramm, mit dem man Punkte sammeln kann. Für diese Punkte lassen sich unter anderem Freifahrten buchen. Dieses Programm lohnt sich aber vor allem für Vielfahrer: Man muss beispielsweise 1.000 Punkte für eine Freifahrt sammeln.
In der Regel bekommt man für eine Fahrt von mehr als fünf Euro pro ausgegebenem Euro einen Punkt – sprich: Für eine Freifahrt muss man etwa 12 Mal zum Sparpreis von Berlin nach Köln und zurück mit der Bahncard 25 reisen.
Für diejenigen, für die nur der Preis zählt, lohnt sich die Bahncard eher nicht, denn Busfahren oder Mitfahrgelegenheiten sind meist deutlich preisgünstiger als die Bahn. Eine Studie des Verkehrsclub Deutschland, des VCD, fand heraus, dass mit dem Bus statt der Bahn zu reisen deutlich preisgünstiger ist. Deutlich teurer als Bahn und Bus sind Auto und Flugzeug.
Den Bus zu nehmen lohnt sich vor allem für Kurzentschlossene. Laut VCD Studie sparen Reisende, die mit einem Tag Vorlauf ihr Ticket buchen, durchschnittlich 59,1 Prozent, wenn sie sich für Bus statt Bahn entscheiden. Wer sieben Tage vorher ein Ticket bucht, spart 54,2 Prozent mit dem Bus. Wer sein Ticket schon drei Monate vor Abfahrt ersteht spart 31,7 Prozent.
Selbst für viele Bahncard-Besitzer wird es also oft billiger sein, den Bus zu nehmen. Schließlich zahlen Frühbucher mit der Bahncard 25 immer noch 75 Prozent des regulären Bahnpreises, während Bustickets gute 30 Prozent billiger sind – also 5 Prozent billiger als das Bahnticket mit Bahncard. Spontanreisende mit der Bahncard 50 zahlen die Hälfte des regulären Preises für ein Bahnticket – Bustickets kosten jedoch nur gut 40 Prozent eines Bahntickets.
Bahn fahren kann allerdings für Familien mit Bahncard 25 günstiger sein – Bus fahren ist meist günstiger für Einzelpersonen. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern hatte im VCD-Test weit geringere Ersparnisse durch die Entscheidung für den Bus als ein Alleinreisender.
Die Titelgeschichte „Rabatt oder Rabatz“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 14./15. März 2015.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier