Senatssprecherin Sünder hört auf: Müller verliert Sprecherin
Die Sprecherin vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) wechselt zum Frühjahr 2020 in die Baubranche.
Intelligent? Sprachgewandt? Belesen? Informiert? War und ist Claudia Sünder auch. Die wichtigste Eigenschaft der nun ausscheidenden Senatssprecherin in den vergangenen fast drei Jahren aber ist eine andere gewesen: Sie kann wartende, genervte, auf Nachrichten aus der jüngsten Krisensitzung gierende Journalisten bei Laune halten. Wenn Sünder Dienstag mittags in den Pressesaal im Roten Rathaus kam, kam mit ihr auch eine Welle der guten Laune rein.
Die Berliner Landespolitik hat andere Pressesprecher erlebt: abgehobene, die in ihrer Miene kein Geheimnis daraus machten, dass sie eine Frage für völlig blödsinnig hielten. Eitle, die sich für doppelt so schlau hielten. Selbstverliebte, die tatsächlich meinten, sie könnten Journalisten eine Haltung einflüstern, die es direkt ins Blatt oder on air schaffen würde.
Vielleicht ist Sünder in Vieraugengesprächen mit anderen Journalisten auch mal so aufgetreten – gegenüber der taz war das jedenfalls nicht so. Vielleicht hat sich der Schreiber dieser Zeilen ja davon beeindrucken lassen, dass da eine klar und unprätentiös sagte, wenn sie nichts sagen konnte, wollte oder durfte. Dass sie bereit war, zu vertrauen, dass bestimmte Informationen tatsächlich ungeschrieben blieben – und dass sie es verstand, noch die drögeste Info in einen witzigen Satz zu verpacken.
Das Beste an Claudia Sünder aber – gerade 50 geworden und von der taz schon vorher korrekt, aber nicht sehr charmant, zur ältesten Senatssprecherin aller Zeiten ernannt – ist ihre Fähigkeit, über sich selbst zu lachen.
Ihr Weggang aus dem Roten Rathaus, dem Vernehmen nach wechselt sie zum 1. April 2020 in die Baubranche, ist nicht nur für Journalisten eine traurige Nachricht: dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) unter den Rathausreportern ein besseres Standing hat als in Meinungsumfragen, hat auch mit ihr zu tun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau