Senat diskutiert Corona-Maßnahmen: Giffey hält an Präsenzpflicht fest
Weil die PCR-Tests wegen mehr Corona-Fällen nicht reichen, will Berlins Regierungschefin bundesweit andere Vorgaben, wann welcher Test nötig ist.
Intensiv hatte der Senat am Dienstag über die aktuelle Coronalage diskutiert und nachträglich auch offiziell die schon seit einem entsprechenden Bundesratsbeschluss vom Freitag umgesetzten neuen Quarantäneregeln beschlossen. Demnach gelten nach einem Positivtest zehn statt bisher 14 Tage Isolation, die per Test auf sieben Tage abkürzbar sind. Geboosterte Kontaktpersonen müssen nicht in Quarantäne. Dabei verständigte sich der Senat auch darauf, dass sich die Gesundheitsämter nicht länger daran abarbeiten sollten, geboosterte Personen ausfindig zu machen, die ohnehin nicht in Quarantäne müssen – sie sollten fokussiert arbeiten können, sagte Giffey, ohne das näher auszuführen. Auch hier wünschte sie sich eine bundesweite Regelung.
Generell steht auch hier der Schutz der vulnerablen Gruppen im Mittelpunkt. Senatorin Gote mühte sich, Befürchtungen entgegenzuwirken, Schnelltests könnten nicht ausreichend zuverlässig sein: Die von ihr als „qualifiziert“ ausgemachten Schnelltests seien „sehr wirksam“. Für die Testzentren – inzwischen über 1.000 in Berlin – gibt es nach ihren Worten die Vorgabe, nur diese qualifizierten Tests zu verwenden.
Zurückhaltender als noch vor zwei Wochen nach der Senatssitzung äußerte sich Giffey zu ihrem damals fixierten Ziel, die Quote bei den Erstimpfungen bis Ende Januar auf 80 Prozent zu bringen. „Wir glauben schon, dass es eine Chance gibt“, formulierte sie jetzt. Rein mathematisch ist diese Chance gering: Seither stieg die Quote von damals 75,3 Prozent um weniger als einen Prozentpunkt auf 76,2. Um das 80-Prozent-Ziel noch zu erreichen, müsste der Anstieg in den verbleibenden zwei Wochen dreimal so hoch sein. Das aufsuchende Impfen, das Giffey und Senatorin Gote als entscheidende Maßnahme betrachten, soll in den nächsten Tagen im Märkischen Viertel beginnen.
Bei Tests an Schulen 0,5 Prozent positiv
Kritik an der fortgesetzten Präsenzpflicht an den Schulen begegnete Giffey mit dem Hinweis auf jüngste Testergebnisse an den über 800 Berliner Schulen: Bei einer Million Tests in der vergangenen Woche – je drei für jeden und jede der über 330.000 Schülerinnen und Schüler – waren nach ihren nur 0,5 Prozent positiv, was jedem 200. entspricht.
Wo es an einer Schule einen Ausbruch gibt, „muss man natürlich reagieren“, sagte Giffey. Aber generell sah sie angesichts der Tests keinen Anlass, von der Präsenzpflicht abzuweichen, und warnte davor – ohne Adressaten zu erwähnen –, falsche Zahlen zu nennen. In der Senatssitzung gab es laut Giffey keine Diskussion darüber, an der Präsenzpflicht zu rütteln.
Mit Blick auf die stadtweit rund 2.700 Kitas gab der Senat zudem grünes Licht dafür, nötigenfalls feste Kindergruppen zu bilden und die Betreuung auf sieben Stunden täglich zu beschränken. Das soll laut Giffey ausdrücklich keine Vorgabe sein, sondern lediglich Möglichkeiten eröffnen.
Bei der kritischen Infrastruktur der Stadt – neben Polizei, Feuerwehr, Klinikpersonal vor allem auch Energie- und Wasserversorgung – sah die Regierungschefin „in weiten Teilen nur eine geringe Beeinträchtigung“. Die Charité, die Ende Dezember noch einen Krankenstand von nur 7 Prozent im Pflegebereich und 3 bis 4 Prozent bei Ärztinnen und Ärzten verzeichnete, sah allerdings nun gegenüber der Deutschen Presseagentur „eine zunehmende Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in Isolation oder Quarantäne begeben müssen“. Der Senat will künftig den aktuellen Stand in den wichtigen Bereichen abfragen und im Internet abbilden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben