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Selbstvertretung wohnungsloser MenschenPolitisch sichtbar bleiben

Selbst ohne Wohnung, setzt sich Dirk Dymarski für Obdachlose ein. Er ist aktiv in der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen.

Billiger Wohnraum fehlt für wohnungs- und obdachlose Menschen Foto: Sabine Gudath/imago

Berlin taz | In Dirk Dymarskis sanfter Stimme schwingt Wut mit. Kürzlich, zu Beginn der kalten Jahreszeit, hatten wohnungslose Menschen die leer stehende Habersaathstraße 46 in Berlin-Mitte besetzt – für den Aktivisten Dymarski eine richtungweisende Aktion gegen Leerstand und Wohnungsnot. „Dass es dann trotz der Zusagen des Bezirks zu dieser widerwärtigen Räumung kam, stößt mir extrem sauer auf“, sagt er der taz am Telefon. „Es muss einfach mehr bezahlbarer Wohnraum her.“

Dymarski ist aktiv in der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen, einer Plattform mit Sitz im niedersächsischen Freistatt. Ziel des Vereins: einstehen für die Anliegen von Wohnungs- und Obdachlosen, Armut, Ausgrenzung und Entrechtung zu überwinden. „Hinter jedem Obdachlosen steht ein Mensch mit einer Geschichte“, sagt der 44-Jährige. „Mir ist ein ehemaliger Staatsanwalt begegnet, der obdachlos wurde. Da rutscht man schneller rein, als man rauskommt.“

In Bochum beginnt Dirk Dymarskis eigene Geschichte. Dort ist er geboren und aufgewachsen, dort bezieht er seine erste eigene Wohnung und arbeitet in einem Stahlwerk. Als sein Vater plötzlich stirbt, zieht er zurück zur Mutter, die zunehmend unter Angstzuständen leidet.

Er erinnert sich: „Es hatte damals 24 Stunden, sieben Tage die Woche, Priorität, für meine Mutter da zu sein.“ Doch diese Hingabe verträgt sich nicht mit Dymarskis Job, den er schließlich verliert. Die Mutter erholt sich wieder und findet einen neuen Lebensgefährten. 300 Euro legt sie ihrem Sohn eines Tages auf den Tisch und bedeutet ihm mit den Worten „Ich hab jetzt Günther“, dass er ausziehen soll. 2003 war das.

Dirk Dymarski von der Initiative Selbstvertretung wohnungsloser Menschen Foto: privat

Auch von Freund*innen sieht Dirk Dymarski sich damals im Stich gelassen. Zuerst schläft er in gewerblichen Unterkünften. Als sein Geld aufgebraucht ist, zieht der Endzwanziger von Notübernachtung zu Notübernachtung, zunächst im Ruhrgebiet, ab 2005 dann in Berlin, wohin ihn die Beach-Volleyball-WM lockte.

Das eigene Ding durchziehen

„In den letzten Jahren habe ich mich aus den unterschiedlichsten Gründen hängen lassen und wollte keine Hilfe annehmen, sondern war engstirnig und wollte mein eigenes Ding durchziehen“, schreibt Dymarski in einem Selbstporträt über diese Zeit. „Irgendwann dachte ich mir, so kann es nicht weitergehen.“

2017 hat Dirk Dymarski es geschafft, von der Straße wegzukommen. Noch lebt er in einer Einrichtung der Diakonie in Freistatt, 2022 dann soll der Umzug in eine eigene Wohnung gelingen. Bis dahin arbeitet der Selbstvertreter daran, dass die Netzwerk- und Selbsthilfearbeit seiner Initiative die Pandemie übersteht. Und daran, dass Wohnungs- und Obdachlose politisch sichtbar bleiben.

„Dass ich so eine Entwicklung durchmachen und die Zähne auseinanderbekommen würde, um über unsere Anliegen zu reden, hätte ich nicht für möglich gehalten“, sagt er.

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