Seenotrettung im Mittelmeer: „Eleonore“ sucht Hafen
Es gibt offenbar mehr als 40 Tote bei einem Bootsunglück vor Libyen. Italien und Malta weisen indes ein Rettungsschiff mit 100 Flüchtlingen ab.
Das deutsche Rettungsschiff „Eleonore“ mit rund 100 Flüchtlingen an Bord sucht unterdessen dringend einen sicheren Hafen im Mittelmeer. Der italienische Innenminister Matteo Salvini verbot dem Schiff der Organisation Mission Lifeline, in italienische Hoheitsgewässer einzufahren.
Nach Angaben des Kapitäns Claus-Peter Reisch untersagte zugleich Malta, dass ein Versorgungsschiff Wasser und Lebensmittel an die „Eleonore“ liefert. „Man möchte offenbar, dass unsere Gäste und wir verhungern und verdursten“, twitterte er. Laut der Crew verweigerte auch Malta die Einfahrt in seine Gewässer. Das Schiff war am Dienstagabend noch zehn Seemeilen von der 12-Meilen-Zone Maltas entfernt.
Über das Verbot, in italienische Gewässer einzufahren, wurde die Crew der „Eleonore“ offiziell nicht informiert, wie Lifeline-Sprecher Axel Steier dem Evangelischen Pressedienst sagte. Auch Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta und Transportminister Danilo Toninelli hätten die Anordnung bereits unterzeichnet, berichtete der italienische Rundfunk.
Weiteres Rettungsschiff unterwegs
Die Crew der „Eleonore“ mit Kapitän Reisch war erst am Freitag zu ihrem ersten Rettungseinsatz vor der libyschen Mittelmeerküste aufgebrochen. Das erste Schiff der Organisation, die „Lifeline“, war im vergangenen Sommer in Malta beschlagnahmt worden. Mit 234 geretteten Flüchtlingen an Bord hatte es dort erst nach tagelanger Irrfahrt anlegen dürfen.
Kapitän Reisch wurde mit der Begründung angeklagt, das Schiff falsch registriert zu haben. Nach monatelangen Verzögerungen verurteilte ein Gericht in der maltesischen Hauptstadt Valletta den 58 Jahre alten Kapitän Mitte Mai zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro. Gegen das Urteil hat Reisch Revision eingelegt.
Am Montagabend war ein weiteres Rettungsschiff im Mittelmeer gestartet. Die „Alan Kurdi“ stach im spanischen Hafen Castellón in See und steuert das Rettungsgebiet vor der libyschen Küste an, wie die Hilfsorganisation Sea-Eye in Regensburg mitteilte. Voraussichtlich am Freitag werde man das Gebiet erreichen.
Am Montag jährt sich der Tod des Flüchtlingskindes Alan Kurdi zum vierten Mal, das dem deutschen Rettungsschiff seinen Namen gab. „An diesem Tag werden wir Wache in einem Seegebiet halten, in dem Tausende Menschen Söhne und Töchter verloren haben“, erklärte Sea-Eye-Vorsitzender Gorden Isler. Der Leichnam des Jungen wurde am 2. September 2015 an der türkischen Küste in der Nähe Bodrums angespült. Fotos des toten Jungen gingen um die Welt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter