Seehofer will Ausnahmen beim Mindestlohn: Der bayerische Löwe brüllt
Nicht jede Absprache wird von den Beteiligten gleich interpretiert. So will CSU-Chef Seehofer Ausnahmen beim Mindestlohn durchsetzen – was die SPD empört.
BERLIN dpa | Zwischen Union und SPD droht neuer Streit über den Mindestlohn. CSU-Chef Horst Seehofer will bestimmte Gruppen wie etwa Rentner, Saisonarbeiter oder Praktikanten von der Mindestlohnregelung ausnehmen. Führende SPD-Politiker lehnen den Vorstoß ab und fordern Vertragstreue.
„Wir müssen Gesetze machen, die auf die Lebenswirklichkeit passen“, sagte Seehofer der Welt am Sonntag. Für Saisonarbeiter oder Praktikanten könne die Mindestlohnregelung nicht gelten. Der bayerische Ministerpräsident unterstützte zugleich die Forderung seiner Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, auch Rentner auszunehmen, die von ihrer Altersrente leben und noch etwas hinzuverdienen.
In der SPD stieß die Forderung auf Empörung. „Der Koalitionsvertrag gilt in allen seinen Teilen, und er trägt auch die Unterschrift von Horst Seehofer“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil der Welt. Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sagte: „Es ist wohl der etwas eigenwillige bayerische Löwe, der nur eine Woche, nachdem wir eine gemeinsame Regierung gebildet haben, gegen Einzelheiten im Koalitionsvertrag anbrüllt, die der CSU nicht so gut gefallen.“ Die SPD gehe davon aus, dass die Union vertragstreu sei. Auch Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte Ausnahmeregelungen zuvor schon klar abgelehnt.
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, dass spätestens 2017 verpflichtend eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro gelten soll. Bis dahin können die Tarifpartner auch Abschlüsse vereinbaren, die darunter liegen.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber wies darauf hin, dass mit der SPD vereinbart sei, Probleme etwa bei der Saisonarbeit bei der Umsetzung des Mindestlohns zu berücksichtigen. „So steht es im Koalitionsvertrag und die Union hält daran fest“, sagte Tauber der Welt. „Beispielsweise braucht es bei Zeitungsausträgern oder Praktikanten eine kluge Regelung, also im Zweifel eben auch Ausnahmen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Deutsche und das syrische Regime
In der Tiefe